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Kontroverse in Südafrikas Opposition

■ UDF–Vertreter Gumede fordert Beteiligung seiner Organisation an den Parlamentswahlen 1989 / Reaktion anderer UDF–Führer: Lediglich persönliche Meinung Gumedes / Gründungsziele der UDF, alternative Verwaltungsstrukturen aufzubauen, wären damit konterkariert

Aus Johannesburg Hans Brandt

Eine heftige Kontroverse ist in südafrikanischen Oppositionskreisen über die Möglichkeit der Beteiligung an Regierungsstrukturen entbrannt. Einer der drei Präsidenten der Vereinigten Demokratischen Front (UDF), Archie Gumede, hatte Ende letzter Woche in einem Zeitungsinterview gesagt, daß dieses größte Oppositionsbündnis des Landes sich eine Beteiligung an den für 1989 anstehenden Parlamentswahlen „ernsthaft überlegen“ solle. Am Sonntag fügte Gumede hinzu, daß die UDF bereit sei, die „ganze Frage der Lokalverwaltungen“ neu zu besprechen. Im kommenden Jahr sollen landesweite Lokalwahlen in schwarzen Wohngebieten stattfinden. Scharfe Reaktionen anderer UDF–Vertreter haben dazu geführt, daß in rechten Medien wie Sunday Times über eine Spaltung der UDF spekuliert wird. „An der Basis werden solche Vorschläge keine Unterstützung finden“, sagte M.J. Naidoo, Vizepräsident der UDF–Organisation „Indischer Kongress von Natal“ (NIC) in Gumedes Heimatprovinz gegenüber der taz. „Selbst die weissen Oppositionspolitiker van Zyl Slabbert und Alex Boraine haben das Parlament verlassen und engagieren sich stattdessen außerparlamentarisch.“ Die UDF in der westlichen Kapprovinz betonte in einer Erklärung, daß Gumede lediglich seine persönliche Meinung vertreten habe. Andererseits räumte UDF– Schatzmeister Azhar Cachalia ein, daß der Boykott von Wahlen für die UDF eine „Frage der Taktik, nicht der Prinzipien“ sei. Dennoch wäre für die UDF eine Beteiligung an Wahlen des Apartheid– Regimes eine Umkehrung der Gründungsziele der Organisation. Die Front entstand 1983, um zu einem Boykott der Wahlen zum neuen Drei–Kammer–Parlament, das erstmals Mischlinge und Inder in getrennten Parlamentskammern zuläßt, und der Wahlen zu den neuen Lokalverwaltungen für Schwarze aufzurufen. Seitdem ist die Nicht–Beteiligung an Apartheid–Strukturen feste Grundlage der UDF–Politik. Der Aufbau alternativer Verwaltungsstrukturen in schwarzen Wohngebieten ist einer der wichtigsten, von der Regierung am heftigsten bekämpften Aspekte der UDF–Strategie. Gumede ist schon an vielen Fronten im Alleingang aktiv geworden. Vor kurzem wurde bekannt, daß er informell mit Regierungsminister Stoffel van der Merwe über die Möglichkeit von „Gesprächen über Gespräche“ zwischen UDF und dem Regime gesprochen habe. Und am Wochenende kündigte Zulu–Chef Mangosuthu Buthelezi beim Jahreskongress seiner konservativen Inkatha–Organisation an, daß es „Friedensgespräche“ mit der UDF gegeben habe. Auch hier ging die Initiative von Gumede aus. Konservative Beobachter meinen, endlich ein Aufbrechen der Fronten in Südafrika erkennen zu können. Als Beispiel werden die von van Zyl Salbbert für diese Woche in Senegal eingefädelten Gespräche zwischen mehr als 60 führenden liberalen Buren und dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) angeführt. Auch die Bildung einer neuen Partei durch „gemässigte“ Schwarze, die Verhandlungen mit Pretoria wünschen, wird begrüßt.

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