Vorsicht: Rücktritt

■ Der VS–Vorsitzende gibt sein Amt (vorläufig) ab

Mit Hans Peter Bleuel ist ein VS–Vorsitzender zurückgetreten, der schon bei seiner Wahl vor vier Jahren in Saarbrücken nicht tragbar war. Er hat sich damals gegen Ingeborg Drewitz mit Hilfe einer dumpfen Politgefolgschaft an die Spitze geboxt, die gewerkschaftliche Prinzipientreue schon als hinreichende Qualifikation für das Vorsitzendenamt einer Schriftstellervereinigung ansieht. Bleuel war ein Vorsitzender gegen die deutsche Gegenwartsliteratur. Er hätte nie gewählt und schon gar nicht wiedergewählt werden dürfen. Sein Rücktritt war vom ersten Tag an notwendig. Daß er jetzt zurückgetreten ist, sollte wachsam machen. Ein Funktionärstyp wie er gibt so leicht kein Amt aus der Hand, das Renommee und Möglichkeiten zur Selbstdarstellung verspricht. Die Umstände des spektakulären Rücktritts legen die Vermutung nahe, daß die Aktion von langer Hand vorbereitet wurde und nur eines bezwecken soll: die Rückkehr, wenn schon nicht derselben Personen, so doch derselben Richtung auf der Bundesdelegiertenkonferenz im September. Immerhin - die Situation ist jetzt offener als zuvor. Aber sie muß von den VS–Delegierten genutzt werden. Der Schriftstellerverband wurde in den letzten Jahren langsam, aber sicher zugrundegerichtet. Selbst die gewerkschaftliche Kleinarbeit war offensichtlich nicht mehr gewährleistet. Der VS braucht einen Vorstand, der die Individualität, Kreativität, die Streitlust der Schriftsteller sozial– und kulturpolitisch unterstützt, ihr ein Forum in der Gewerkschaft und der politischen Öffentlichkeit insgesamt verschafft. Martin Kempe