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Die Basis gibt nicht nach

Die Machtprobe zwischen den südafrikanischen Gewerkschaften und dem Apartheid–Regime weitet sich aus. Neben 300.000 streikenden Bergarbeitern haben sich in den letzten Wochen mehrere Zehntausend anderer südafrikanischer Arbeiter in verschiedenen Wirtschaftssektoren an Streiks beteiligt. Die Post entließ am Donnerstag 14.000 von insgesamt 20.000 streikenden Postangestellten im ganzen Land. Die Postgewerkschaft POTWA droht als Antwort mit einer Ausweitung des Streiks. Der Ausstand von etwa 15.000 Chemiearbeitern beim Sasol– Werk, wo aus Kohle Benzin hergestellt wird, wurde Anfang der Woche abgebrochen, nachdem zwei Arbeiter von rechten, von der Geschäftsleitung unterstützten Schlägertrupps ermordet worden waren. Die Firmenleitung erklärte den Vorfall mit Auseinandersetzungen zwischen streikenden und nicht streikenden Arbeitern. Im Metallsektor geht der Streik beim Mercedes Werk in East London in die vierte Woche. Tarifverhandlungen zwischen der Metallgewerkschaft NUMSA und ver schiedenen Arbeitgebern dauern an, obwohl der geplante landesweite Streik von etwa 100.000 Metallarbeitern Mitte Juli von der Regierung verhindert wurde. Diese Woche beteiligten sich außerdem etwa 5.000 Mitglieder der Nahrungsmittelgewerkschaft FAWU an einem zweitägigen Streik bei Getreidemühlen im ganzen Land. Lohnforderungen und verbesserte Arbeitsbedingungen sind Gegenstand der meisten Streiks. Denn seit Jahren sinken die Reallöhne in Südafrika. Auch das ist ein Grund für die „Living Wage Campaign“, die die COSATU dieses Jahr gestartet hat. „Wir wollen das Profitsystem der Bosse direkt angreifen“, sagt COSATU–Generalsekretär Jay Naidoo. „Die freie Marktwirtschaft gibt den Bossen die Freiheit, die Arbeiter auszubeuten. Sie gibt dem Staat die Freiheit, uns zu unterdrücken und uns unsere politischen Rechte zu rauben. Doch wir haben eine Situation erreicht, wo die Arbeiter nicht mehr bereit sind, alles zu akzeptieren, was ihnen hingeworfen wird.“ Das Regime betrachtet die „Living Wage Campaign“ als eine von Kommunisten gesteuerte Bedrohung. Doch Naidoo betont, daß der Versuch, COSATU zu zerstören, zur „massiven Politisierung und Radikalisierung der Arbeitermassen“ führen würde. Zunehmend beobachten Gewerkschaftsführer eine wachsende Militanz an der Basis, die nur schwer zu kontrollieren ist. So scheinen auch die meisten Bergarbeiter eher bereit, ihren Job als den Streik aufzugeben. Hans Brandt

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