: Bildungsurlaub im Apartheidsstaat
■ Direktorin der katholischen Frankfurter Sozialschule auf dem Weg nach Südafrika / Erwachsenenbildung Aus Frankfurt Heide Platen
Direktorin Brunhild Krienke hatte gestern keinen leichten Tag.Und das einen Tag vor einer großen Reise: Heute um 17 Uhr startet die South African Airways eine Maschine von Frankfurt nach Kapstadt. Die Chefin der „Frankfurter Sozialschule“ in Wiesbaden–Naurod, eines Erwachsenenbildungswerk der katholischen Kirche, wird zusammen mit einer rund 15 Köpfe zählenden Reisegruppe an Bord sein, unterwegs zum Fortbildungsurlaub im Apartheidsstaat. Unter den Fortbildungswilligen sollen sowohl Geistliche als auch Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes sein. Aus ihren Kreisen war zu hören, daß sie verpflichtet wurden, das Programm ihrer 14tägigen Reise nicht aus der Hand zu geben. Die Bildungsreise wurde lange geplant. Drei Vorbereitungsseminare fanden statt, außerdem soll Brunhild Krienke im Frühjahr 1987 eine siebentägige Vorbesichtigung des Reiseziels unternommen haben. Während der Seminare referierten ein Bergbautechniker, der in einem Bergwerk in Südafrika arbeitete, der Geschäftsführer der staatstragenden South African Foundation, Gru ber, und der Journalist Kruchem, der dieses Jahr durch ein liebedienerisches Interview mit Regierungschef Botha im Südwestfunk aufgefallen war, sowie Angestellte der südafrikanischen Botschaft. Das 14tägige Reiseprogramm wird von dem Reisebüro Ikarus Tours ausgerichtet, das Safaris, Abenteuerurlaube und Individualreisen organisiert. Partner der Ikarus Tours in Südafrika ist die Incentive Touring, die über die Southern African Foundation eng mit der südafrikanischen Industrie verbandelt ist. Da werden nach Heiliger Messe und englischem Frühstück die Homelands besichtigt und die Inkatha, die als Schlägertrupps bekannten Anhänger des Manas Buthelezi, besucht. Auf dem Programm steht der Besuch einer deutschen Farm und der Universität Stellenbosch, einer Kaderschmiede der Burenrepublik. Dann geht es auf „Safarifahrten von Sonnenaufgang bis zur Dämmerung“ in den Krueger Nationalpark, in einen Canyon und auf den Tafelberg. Die Hotels sind nobel und sollten es auch sein, kostet die Tour doch runde 3.000 Mark, ohne Flug, aber laut Incentive Touring „maßgeschneidert“. Die Reise wird von der katholischen Kirche und vom Auswärti gen Amt finanziert. Der Pressereferent des bischöflichen Ordinariats in Limburg, Wittekind, sagte gestern, er sei überrascht. Glücklich sei er nicht über diese Reise, von der er erst jetzt erfahren habe. Gerade der Limburger Bischof Kamphausen hatte sich laut und deutlich gegen die Apartheid ausgesprochen. Direktorin Krienke, die auch das Amt der Vorsitzenden der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für politische und soziale Erwachsenenbildung bekleidet, war gestern für die taz nicht zu sprechen. Bischof Kamphausens Pressesprecher Wittekind ließ mittags wissen, der zuständige Bildungsdezernent Leuninger habe in Naurod versucht, den Schaden zu begrenzen. Das vorliegende Programm sei vorläufig gewesen und jetzt mindestens teilweise „denjenigen anderer katholischer Reisegruppen angeglichen“ worden. Vorher sei es „gewiß nicht repräsentativ“ gewesen und „ärgerlich für die katholische Kirche“. In einer offiziellen Erklärung heißt es, bei der Reisegruppe handele es „sich nicht um eine Delegation der katholischen Kirche im Bistum Limburg“. Trotz des geänderten Programms sei die Gruppe gehalten, diesen Anschein in Südafrika zu vermeiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen