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Krisenstimmung bei den Oberzählern

■ Im Bundesamt für Statistik in Wiesbaden wird über mangelnden Rücklauf der Volkszählungsbögen von den Erhebungsstellen an die Landeserfassungsämter geklagt / Absolute Spitze: NRW mit nur zehn Prozent Rücklauf / Schleswig–Holstein folgt mit 35 Prozent

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Wenn Erich Honecker ins Saarland kommt, herrscht dort Ordnung, zumindest, was die Volkszählung 87 anbelangt. Die BürgerInnen im Lande des roten Oskar haben ihre Volkszählungsbögen offensichtlich so rechtzeitig abgegeben, daß die ErhebungsstellenleiterInnen die Datenpakete nahezu komplett bei den Landeserfassungsstellen abgeben konnten. Doch die Verhältnisse im Saarland stellen die berühmte Ausnahme von der Regel dar. In den anderen Bundesländern herrscht dagegen „Chaos“, wie ein leitender Mitarbeiter des Bundesamtes für Statistik gestern gegenüber der taz erklärte. An der Spitze der Sorgenkinder stehen die Nordrhein– Westfalen. Wie das Düsseldorfer Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (LDS) mitteilte, sind bis Anfang September erst zehn Prozent der Volkszählungsunterlagen eingetroffen. Die Behörde rechnet damit, bis Ende des Monats „ein Viertel des Materials“ von den Gemeinden abgeholt zu haben. Nach Informationen der taz sind auch in fast allen Großstädten - mit Ausnahme von Düsseldorf - in den Erhebungsstellen zum 1.9. neue MitarbeiterInnen eingestellt worden. Die „alten“, nur befristet eingestellten MitarbeiterInnen hätten nämlich bisher nur „Däumchen gedreht“, weil der Rücklauf der Volkszählungsbögen zu schlecht gewesen sei. Aber auch die kühlen Nordländer bereiten Bundesamtsleiter Hölder schlaflose Nächte. So seien in Schleswig–Holstein - dort wird am kommenden Sonntag ein neuer Landtag gewählt - erst 35 Prozent der ausgefüllten Volkszählungsbögen in der Landessammelstelle Kiel eingetroffen. Auch in Hamburg würden die Initiatoren der Volkszählung auf der Stelle treten, da es dort „große Probleme mit den Zählern“ gegeben habe. In der Hansestadt seien die ErhebungsstellenleiterInnen vor allem auch deshalb „weit zurückgefallen“, weil der dortige Datenschutzbeauftragte die Verwendung von Firmenlisten und Referenzdateien bei der Auswertung der Bögen untersagt hatte. Fortsetzung auf Seite 2 „Absolutes Chaos“ herrsche auch in den hessischen Städten Frankfurt, Wiesbaden und Marburg. So wurden etwa in Wiesbaden vier bereits entlassene Zähler wieder eingestellt, weil dort ganze Batterien von Zählerkoffern durcheinandergebracht worden seien. Und in Rheinland–Pfalz - dort sei der Rücklauf ähnlich gut wie im Saarland - spielten seit einem halben Jahr die Datenlesegeräte in der Landeserfassungsstelle verrückt, mit dem Ergebnis: „Da geht überhaupt nichts mehr.“ Informationen über den weiteren Verlauf der Volkszählung in den Bundesländern Bayern, Baden–Württemberg, Niedersachsen, Bremen und Berlin lägen zwar noch nicht vor, doch sei das ein „untrügliches Zeichen“ dafür, daß es dort auch „große Probleme“ gebe, meinte der Informant aus dem Bundesamt abschließend. Um das Chaos in den Griff zu bekommen, hat Bundesamtsleiter Hölder für Ende September die Leiter der Landesämter zur Krisensitzung nach Wiesbaden geladen. Einziges Thema: Der „Stand der Aufbereitung der Volkszählung“.

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