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Flotte von der Leine

■ Heute soll der Geleitschutz für italienische Frachter zum Persischen Golf auslaufen / Vertrauensfrage im Parlament

Aus Rom Werner Raith

Gleich zweimal, im Senat und im Abgeordnetenhaus, stellte Ministerpräsident Giovanni Goria die Vertrauensfrage in Sachen „militärischer Geleitschutz“ italienischer Frachter beim Durchfahren der Straße von Hormuz. Die Debatte im Parlament war von den Oppositionsparteien erzwungen worden, nachdem Verteidigungsminister Zanone (Liberale Partei) im Kabinett gegen den auf die UNO–Verhandlungen setzenden christdemokratischen Außenminister Andreotti die Entsendung von acht Kriegsschiffen durchgesetzt hatte. Die Vertrauensfrage - wobei offen abgestimmt werden muß - sollte die „Heckenschützen“ blockieren, die bei den sonst geheimen Voten gerne ihrer Regierung diesen oder jenen Denkzettel verabreichen. Die Regierungserklärung Gorias und seines Verteidigungsministers betont den „ausdrücklich defensiven Charakter der Mission“ - schließlich sei vor zwei Wochen ein italienischer Frachter von einer Rakete getroffen worden (die allerdings, außer einem Schock beim Kapitän, keinen weiteren Schaden angerichtet hatte). Das einzige Zugeständnis an die „Tauben“ um Andreotti war die Verschiebung des Abfahrtermins auf den 15. September, an dem der UNO–Generalsekretär Perez de Cuellar seine erste Friedensrunde im Iran und im Irak abschließt. Es ist seit Kriegsende das erste Mal, daß die italienische Militärmaschinerie aktiv wird: Über die wirklichen Gründe rätseln auch die Medien noch. Schlechtes Gewissen wegen der im Golf gefundenen italienischen Minen vermutete lange Zeit La Repubblica, „Mitspielenwollen der Admiräle beim internationalen Schiffchenversenken“ dagegen Il Manifesto, Il Giornale, das den Hardliner–Kurs unterstützt, vermutet „schwere Machtkämpfe innerhalb der Koalition. Erstmals ist der 70jährige Andreotti im Kabinett sichtbar isoliert und blamiert, seine Linie der Nichteinmischung und der guten Freundschaft zu allen Araberländern geht in die Brüche. Das sehen auch die Kommunisten - bisher in vielen Abstimmungen „Retter“ Andreottis gegen Kriegszündler in dessen eigenen Reihen - und die anderen Oppositionsparteien so. Meist bleibt es beim verbalen, ohnmächtigen Protest wie dem Hissen eines Transparents im Parlament. Zu einer sinnfälligeren Demonstration haben sich jedoch die Grünen entschlossen - im Hafen von Tarent, wo die Minenräumer und Fregatten zum Auslaufen bereitliegen, haben sich am vergangenen Wochenende drei Frauen aus der 13 Personen starken Fraktion am Pier–Ausgang angekettet.

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