Sieg für Streikende in East London

■ Mercedes–Benz in Südafrika akzeptiert einen Mindestlohn von 4,50 Rand / Solidarität in der Bundesrepublik hat „zum Erfolg beigetragen“ / Löhne jetzt höher als anderswo im Apartheid–Lande

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - Der neunwöchige Streik im East Londoner Werk von Mercedes–Benz of South Africa (MBSA) ist am Don nerstag abend mit einem deutlichen Sieg für die 2.800 streikenden schwarzen Arbeiter zu Ende gegangen. Die Metallgewerkschaft NUMSA gab bekannt, daß die Arbeiter ab sofort einen Min destlohn von 4,50 Rand (etwa 4,05 Mark) pro Stunde erhalten werden. Außerdem soll die gesamte, vor drei Wochen gefeuerte Belegschaft bedingungslos wiedereingestellt werden. Weitere Lohnerhöhungen wurden für nächstes Jahr festgelegt. Die Arbeiter garantierten, bis Ende des Jahres nicht wieder in den Ausstand zu treten. Die Produktion in East London soll am Montag wieder aufgenommen werden. Viwe Gxarisa, NUMSA–Regionalsekretär in East London, wies in einer ersten Reaktion auf die Bedeutung internationaler Solidaritätsaktionen in der Bundesrepublik hin. „Zusammen mit diesen Aktionen haben die unerschütterliche Einheit der Arbeiter bei Mercedes–Benz in East London und die Entschlossenheit der Gewerkschaftsführung, eine akzeptable Lösung zu finden, den Erfolg gebracht“, sagte er. Fortsetzung Seite 6 Es wird geschätzt, daß Mercedes– Benz in den neun Wochen des Streiks etwa 300 Mio.Rand (270 Mio. Mark) an Produktionsausfällen hinnehmen mußte. Die Arbeiter verloren fünf Mio.Rand (4,5 Mio. Mark) an Lohnzahlungen. Die neuen Lohnsätze bei MBSA liegen erheblich höher als bei anderen Automobilherstellern in Südafrika. Die anderen Firmen hatten ein solches Ergebnis befürchtet und deshalb Mercedes unter Druck gesetzt. Doch NUMSA wird nun die MBSA–Löhne als Druckmittel in Tarifverhandlungen mit den anderen Autofirmen nutzen können. Ein gesonderter Tarifabschluß mit Mercedes war nur möglich, weil die Firma noch nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes für die Automobilbranche ist. Management–Sprecher vermuten, daß NUMSA genau deshalb den Streik bei MBSA zu einem Grundsatzkonflikt gemacht hat. Das war jedoch nicht der einzige Grund für die Länge des Streiks. MBSA selbst ist besonders hart mit der Gewerkschaft umgegangen. Ein Grund dafür ist sicher die Tatsache, daß das burische Bankunternehmen Volkskas mit 26,5 Prozent Beteiligung an MBSA erheblichen Einfluß hat. Außerdem ist der Konzern erst seit 1984 Tochtergesellschaft der Stuttgarter Daimler AG, die heute 50,1 Prozent der Anteile hält. MBSA–Manager sind deshalb noch wenig erfahren in dem von anderen deutschen Firmen geforderten aufgeklärten Umgang mit Gewerkschaften. BMW und Volkswagen haben in Südafrika ein gutes Image - selbst unter den Gewerkschaften. Den VW– und BMW–Managern war der Ablauf des MBSA–Streiks ziemlich peinlich, und sie vor allem waren an einer schnellen Lösung des Konfliktes interessiert. Es wird vermutet, daß sie sogar ihre eigenen Tarifexperten zu Konsultationen nach East London geschickt haben. Für NUMSA war der Streik ein wichtiger Bestandteil der „Kampagne für einen Lohn zum Leben“, die von der Gewerkschaftsföderation COSATU gestartet wurde. Die Bedeutung von Lohnverbesserungen für südafrikanische Arbeiter, die schon beim Bergarbeiterstreik im August deutlich wurde, zeigte sich auch in der militanten Entschlossenheit der Arbeiter bei Mercedes. Der Sieg bei MBSA wird ohne Zweifel zum Erfolg der COSATU–Kampagne beitragen. „Dies war für COSATU ein wichtiger Sieg“, sagte Gxarisa gegenüber der taz.