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Trotz Verbot: Erfolg am WAA–Zaun

■ Mehr als 30.000 am Bauzaun / Überraschend große Beteiligung an der Abschlußdemonstration der Herbstaktionen in der Oberpfalz / Knüppelorgien besonders von Berliner Polizisten / 37 verletzte und drei schwerverletzte Demonstranten / Zahlreiche Festnahmen

Aus Schwandorf Bernd Siegler

Rund 30.000 Teilnehmer haben am Samstag die Großdemonstration gegen die Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) in Wackersdorf zu einem für die Bewegung und die Polizei überraschenden Ereignis gemacht. Die große Zahl war offenbar das Ergebnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Anti– Atom–Bewegung, bayerischen Friedensgruppen und der von der Schließung betroffenen Maxhütten–Belegschaft. Trotz eines Verbots des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bahnte sich nach dem Ende einer Kundgebung in dem oberpfälzischen Ort ein Demonstrationszug seinen Weg zum Bauzaun der WAA. Die Brutalität, die zahlreiche der rund 5.000 im Einsatz stehenden Polizisten dort an den Tag legten, ließ eine Vertreterin der Bürgerinitiative für Umweltschutz, Brigitte Valentin, von einer „Kriegseröffnung des Atomstaats gegen den freiheitlichen Rechtsstaat“ sprechen. Durch Reizgas und Schlagstöcke der Polizei wurden drei DemonstrantInnen schwer verletzt, 37 weitere seien ins Krankenhaus gekommen. Die Polizei gab die Zahl der Verletzten mit 24 an. Fortsetzung auf Seite 5 Insgesamt sollen mehr als 100 WAA–Gegner Verletzungen davongetragen haben. Besonders schwere Vorwürfe richteten Demonstranten, aber auch bayerische SPD–Politiker, gegen eine Einheit der Berliner Bereitschaftspolizei, die mit ungewöhnlicher Brutalität gegen die Demonstranten vorgegangen ist. Augenzeugen zufolge sollen sich bayerische Polizisten schützend zwischen ihre Kollegen und die WAA–Gegner gestellt haben. Bereits vor der Aktion hatten Vertreter der Oberpfälzer Bürgerinitiativen, der bundesweiten Anti–AKW–Bewegung, der bayerischen Friedensbewegung und der Maxhütte–Belegschaft erklärt, sie wollten die Demonstration zum Bauzaun „politisch, juristisch und praktisch durchsetzen“. Übrig blieb die praktische Durchsetzung: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte das vom Landratsamt und vom Regensburger Verwaltungsgericht ausge sprochene Demonstrationsverbot bestätigt. Bereits vor Ende der Kundgebung mit rund 25.000 Teilnehmern formierten sich zwei Demonstrationszüge. Nach und nach zogen alle zur hermetisch abgeriegelten Hauptzufahrt des WAA–Baugeländes. „Der Aufzug wird hiermit aufgelöst“, tönte es ständig aus den Polizei–Lautsprechern. Als an der Hauptzufahrt einige Demonstranten den Polizeiriegel durchbrochen hatten, reagierten die Beamten mit Schlagstock und Chemical–Mace. Zur Abschreckung flogen Bundesgrenzschutzhubschrauber in Baumhöhe ihre Runden. Schließlich waren mehr als 30.000 WAA– Gegner am Bauzaun versammelt. Die Polizei spricht von lediglich 8.000 Demonstranten. Kurz nach drei Uhr machten die ersten Polizei–Hundertschaften Jagd auf WAA–Gegner. Knüppel– Ausfälle quer über den gerodeten Sicherheitsstreifen vor dem Bauzaun bestimmten nun das Geschehen. Eine Medizinstudentin, als Demo–Sanitäterin erkennbar, mußte mit Verdacht auf Halswirbelfraktur, ein anderer WAA–Ge gner mit Verdacht auf Schädelbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein Schwerverletzter wurde aus mehreren Kopfwunden blutend von Polizisten über den Boden geschleift und in das Baugelände gebracht. Angesichts dieser Szenen beschuldigte der grüne Bundestagsabgeordnete Michael Weiß die Polizei des „vorsätzlichen versuchten Totschlags“. Die am Ort anwesende Staatsanwaltschaft hat bereits Ermittlungen aufgenommen. Nach vier Uhr begann der nahezu geschlossene Rückzug der Demonstranten. Insgesamt nahm die Polizei am Samstag nach Angaben des Info–Büros 80 WAA–Gegner, nach Angaben der Polizei 22, vorläufig fest. Auf der Kundgebung am Wackersdorfer Volksfestplatz wies Maxhütte–Betriebsrat Albert Vetter auf die besondere Qualität der Aktionen hin. Es sei gelungen, ein Bündnis zu formen, „wie wir es uns vor Jahren nur erträumen konnten“. Es sei eine Schande, daß es heute in der Oberpfalz mehr Polizisten als Stahlarbeiter gebe, spielte er auf den Konkurs der Maxhütte an.

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