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Schlappe für Ceausescu–Clan

■ Im Reich des absolutistisch regierenden rumänischen Staatschefs regt sich Opposition / Sohn Nicu mußte Posten als Jugendparteisekretär räumen / Glasnost nun auch in Rumänien?

Aus Belgrad Roland Hofwiler

Der unliebsame Sohn des allmächtigen rumänischen Parteiführers Nicolae Ceausescu mußte gestern seine Stellung als erster Jugendparteisekretär räumen, ohne, wie sonst üblich, ein neues Amt zugewiesen zu bekommen. Wenngleich Radio Bukarest in seiner deutschsprachigen Nachrichtensendung die Ablösung nur mit einem einzigen Satz erwähnte, ist die politische Tragweite nicht zu unterschätzen. Zum ersten Mal seit fünf Jahren hat die Familiendynastie der Ceausescus eine empfindliche Schlappe erlitten. Denn während in allen anderen Bruderstaaten im Zuge von Glasnost Reformen eingeleitet werden, kümmert sich der rumänische Staatschef, der sich wie zu stalinistischen Zeiten als „größter und weitsichtigster Stern des Kommunismus“ feiern läßt, einzig um den Ausbau seines „Reiches“. Dazu wird jedes halbe Jahr die Partei gesäubert, um weitere untergebene Vettern und Tanten in hohe Staatsfunktionen zu hieven. Sohn Nicu soll einmal die Staatsgeschäfte seines Vaters übernehmen. Wenngleich gestern noch nicht klar war, durch welche Kräfte in der Partei die Ablösung des Sohnes zustande kam, scheint sich doch innerhalb der Partei eine oppositionelle Strömung formiert zu haben. Ob die allerdings ihre Machtbasis ausbauen wird, ist noch offen. Die Bevölkerung jedenfalls hofft auf eine Machtablösung. Entbehrungen und Armut sind nirgendwo in Osteuropa so verbreitet wie in Rumänien. Neueste Meldungen für den kommenden Winter: Schulen und andre öffentliche Gebäude dürfen maximal auf zehn Grad Celsius erwärmt werden.

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