: Freisprüche im ALKEM–Prozeß
■ Gericht spricht Atommanager und Ministerialbeamte frei / Genehmigungen als rechtswidrig eingestuft
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Hanau (taz) - Die ALKEM–Geschäftsführer Alexander Warrikoff und Wolfgang Stoll sowie die Wiesbadener Ministerialbeamten Frank Thurmann, Herrmann Frank und Angelika Hecker sind gestern von der 5. Strafkammer des Hanauer Landgerichts vom Vorwurf des illegalen Betriebs bzw. der Beihilfe zum illegalen Betrieb einer kerntechnischen Anlage freigesprochen worden. Wie der Vorsitzende Richter Frese ausführte, seien die von der Behörde erteilten und von den Atommanagern angenommenen Vorab–Zustimmungen zwar rechtswidrig, doch hätte keinem der Angeklagten nachgewiesen werden können, daß ihnen die Rechtswidrigkeit ihres Handelns bewußt gewesen sei. Damit hat erstmals ein Strafgericht in der BRD die Praxis der Vorab–Zustimmungen deutlich als rechtswidrig verurteilt. Das Gericht vertrat darüberhinaus die Auffassung, daß die Vornahme wesentlicher Änderungen an einer bestehenden, noch nicht nach dem novellierten Atomgesetz genehmigten Atomanlage den Straftatbestand des Betriebs einer kerntechnischen Anlage ohne Genehmigung erfülle. Daß die Atommanager Warrikoff und Stoll dennoch mit einem Freispruch in der Tasche das Hanauer Landgericht verlassen konnten, verdanken sie nur dem Umstand, daß sie nicht damit rechnen konnten, daß eine staatliche Behörde rechtswidrige Bescheide erteilt. Deshalb seien die sechs Vorab–Zustimmungen zwar rechtswidrig, aber nicht „nichtig“. Allerdings spreche einiges dafür, daß die ALKEM– Manager die Genehmigungsbehörde in mehreren Fällen zum Erlaß der rechtswidrigen Vorab– Genehmigungen geradezu gedrängt hätten. Fortsetzung auf Seite 2 Doch ein schlüssiger Beweis dafür sei während der Hauptverhandlung nicht erbracht worden. Auch hätte den Ministerialbeamten nicht nachgewiesen werden können, daß sie seinerzeit die Vorab– Genehmigungen „mit dem Bewußtsein, rechtswidrig zu handeln“, erteilt hätten. Frese: „Die Beamten waren im Gegenteil eher von der Zulässigkeit ihres Handelns überzeugt.“ Das Gericht kritisierte ausdrücklich auch die Praxis der damaligen hessischen Landesregierungen, die Atomwirtschaftsförderung und die Aufsicht über und die Genehmigung atomarer Anlagen in einem Ministerium zu integrieren, da dies zwangsläufig zu „Interessenskollissionen“ habe führen müssen.
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