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Harte Hausaufgaben nach der Nordseekonferenz

■ Bei der zweiten Konferenz zum Schutz der Nordsee der acht europäischen Anrainerstaaten in London wurden eine Reihe von Kompromissen gefunden, doch erst die Interpretation des Kleingedruckten wird über das Schicksal der Nordsee entscheiden

Aus London Rolf Paasch

Die Ergebnisse der zweiten Nordseekonferenz in London sind am Mittwoch abend von Vertretern aller acht Anrainerstaaten als „Erfolg“ oder zumindest als Teilerfolg gewertet worden. Während der bundesdeutsche Umweltminister Klaus Töpfer in einigen Verhandlungspunkten „gerne noch weitergegangen wäre“, betonten Vertreter der britischen Seite, wie weit ihre Kompromißbereitschaft schon strapaziert worden sei. Ob die nach zweitägigen Verhandlungen beschlossenen Maßnahmen zu einer spürbaren Entlastung der bedrohten Nordsee führen werden, wird jetzt von ihrer Interpretation und Durchführung abhängen. Während sich die bundesdeutsche Delegation überreden ließ, die Verbrennung von Giftstoffen auf hoher See bis 1990 um mindestens 65 Prozent zu reduzieren und diese ökologisch besonders schädliche Entsorgung bis 1995 völlig einzustellen, akzeptierten die Briten bei der Verklappung ihres Industriemülls eine Lösung, die in Zukunft die Versenkung „gefährlicher Klärschlämme“ verbietet, aber ihnen das Wegkippen der angeblich ungefährlichen Flugasche vor der eigenen Küste weiterhin erlaubt. Die wohl einschneidenste Maßnahme zum Schutz der Nordsee dürfte mit dem Beschluß erfolgt sein, den Eintrag von Nährstoffen und beständigen, toxischen Substanzen in die Flüsse bis 1995 zu halbieren. Bei der Berechnung und Durchführung dieser Maßnahmen, so mußte ein britischer Delegierter allerdings einräumen, gebe es aber noch zahlreiche „Grauzonen“. Auch die Schritte gegen die Verschmutzung durch Schiffe blieben Stückwerk, weil sie lediglich das Über–Bord–Kippen von Abfällen untersagen, nicht aber das Ablassen von Altöl. Enttäu schend für die in London als Beobachter anwesenden Umweltschutzorganisationen sind auch die Reaktionen auf die Verschmutzung des Flachmeeres über die Atmosphäre. Rund die Hälfte aller Schwermetalle gelangen so in die Nordsee. Enttäuschung herrscht auch darüber, daß nur eine „Minimierung“ des Eintrags radioaktiv verseuchten Wassers aus den britischen und französischen Atomanlagen beschlossen wurde. Daß der Teufel bei den ausgehandelten Kompromißformulierungen im Detail liegt, verdeutlicht die in der Erklärung durchweg benutzte Phrase von der „Benutzung der bestverfügbaren Technologien“. Die anfängliche Blockierung dieser Formulierung durch die Briten hat nun in einer als Fußnote versteckten Wirtschaftlichkeitsklausel ihren Ausdruck gefunden. Hier wird der Begriff der „bestverfügbaren Technologie“ an deren „ökonomische Verfügbarkeit“ gebunden. Mit anderen Worten, wer sich einen Dreck um die wirtschaftliche Entwicklung solcher Technologien kümmert, muß sie nicht einsetzen. Auf die Frage, warum in dem Abschlußpapier nur von Umweltreparatur, aber kaum von vorbeugenden Eingriffen in den Produktionsprozeß die Rede sei, meinte Umweltminister Töpfer der taz gegenüber, dies sei nicht Aufgabe der Konferenz, sondern müsse für die einzelnen Flußsysteme konkretisiert werden. Töpfer betonte ferner, es werde jetzt zu Hause enorm gearbeitet werden müssen, um die in London erreichten terminlichen Vereinbarung auch einhalten zu können.

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