: Falken lassen vor dem Gipfel Federn
■ Reagan gibt sich friedfertig / Thatcher tönt sanft / Neuer US–Verteidigungsminister Carlucci entpuppt sich als Rotstift–Experte: er will den Abrüstungsetat um 33 Milliarden kürzen / Im Pentagon herrscht „Chaos“
Von Michael Fischer
Berlin (taz) - Was ist nur aus den Hoffnungsträgern der konservativen Weltbewegung geworden? US–Präsident Reagan, früher noch als knallharter Rambo im Einsatz gegen das „Reich des Bösen“, schließt morgen einen Abrüstungs–Pakt mit Kremlchef Gorbatschow. Die britische Premierministerin Thatcher, bislang als eiserne Lady gefürchtet, bat ihren Freund Reagan am Wochenende um „Milderung“ bei seinem Traumprojekt SDI. Und Frank Carlucci, Nachfolger des rüstungsbesessenen Pentagon– Chefs Weinberger plant sogar drastische Kürzungen im Militäretat der USA für 1989. Rund 33 Milliarden Dollar sollen den Einsparungsbemühungen Carluccis zum Opfer fallen. Mit der zehnprozentigen Kürzung will der neue Rüstungsminister beitragen, das immense Haushaltsdefizit auszugleichen, das sein Vorgänger mitzuverantworten hat. Während der siebenjährigen Amtszeit Weinbergers war der Verteidigungsetat auf insgesamt zwei Billionen Dollar gestiegen. Ob der plötzliche Kurswechsel Zukunft haben wird, ist allerdings fraglich. Denn Widerstand gegen Reagans neue Friedfertigkeit formiert sich nicht nur im Senat, wo die Ultrarechten um Jesse Helms gegen die Ratifizierung des INF–Abkommens mobilisieren. Angesichts der angekündigten Sparmaßnahmen befinden sich die Beschäftigten beim größten Arbeitgeber der USA, dem Pentagon, in „Aufruhr“. Nach Angaben der New York Times sei „Chaos“ ausgebrochen - ein früher verpönter Zustand, der seit einigen Wochen jedoch an Popularität zu gewinnen scheint. Ein Grund zum Feiern? Überlegungen zum Gipfel– Fest im 14. und letzten Teil der taz–Rüstungsserie auf Seite 8 Siehe auch Tagesthema Seite 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen