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F 16 hier, F 16 da – warum nicht in Italia?

72 F 16-Jagdbomber der USA müssen innerhalb der nächsten drei Jahre Spanien verlassen – die Wahrscheinlichkeit wächst, daß Italien an ihrer Aufnahme interessiert ist / taz-Interview mit dem Grünen-Abgeordneten Sergio Andreis  ■ Aus Rom Werner Raith

Italiens Oppositionelle müssen derzeit der Regierung die Antworten wie Würmer aus der Nase ziehen, wenn sie etwas über die Pläne erfahren wollen, die 72 Jagdbomber und sechs Flugzeuge aufzunehmen, die innerhalb der nächsten drei Jahre Spanien verlassen müssen.

Ausgelöst wurde die Unruhe unter Italiens Friedenskämpfern durch eine Anfrage des Grünen- Abgeordneten Sergio Andreis, dem durch Zufall kurz nach Neujahr ein Artikel der Washington Post in die Hände fiel, wonach Italien bereits als neuer Aufstellungsort der atombombentauglichen Flugzeuge feststehe: Als mögliche Base wurde dabei auch Comiso in Sizilien genannt, wo eben die Marschflugkörper abge zogen werden. Die Regierung versuchte sich zunächst im Herunterspielen – es gebe, hieß es nach einer schnell anberaumten Sitzung von Ministerpräsident Goria, Außenminister Andreotti und Verteidigungsminister Zanone, weder eine konkrete Anfrage der NATO noch irgendeinen anderweitigen Entscheidungsbedarf, zumal im NATO-Vertrag für diese Bomber außer Spanien lediglich Portugal, Griechenland und die Türkei vorgesehen seien.

Am gestrigen Dienstag nun mußte der Verteidigungsminister einräumen, daß man bereits umfangreiche Sandkastenspiele mit den F 16 in Italien betreibe – wo, zu welchen Kosten und unter welchen Bedingungen man halt doch stationieren könne. Wobei sich Zanone dann freilich in den eigenen Vernebelungstricks verfing – wie man den angeblich vertraglichen Ausschluß der Stationierung nun doch umgehen könne, wußte er nicht zu beantworten. Experten ist freilich klar, worauf die Regierung abstellt: „Nächstes Jahr“, sagt Sergio Andreis, „läuft der Vertrag Italiens mit der NATO aus; da können die dann schöne neue Bestimmungen aushandeln – und das soll die anderen Partner dann viel, viel Geld kosten.“

taz: Sergio, soeben hat dir der Verteidigungsminister auf deine Anfrage bezüglich der Stationierung der F 16 geantwortet. Ist nun etwas entschieden oder nicht?

Sergio Andreis: Uns ging es zunächst vordringlich darum, daß die da nicht irgendetwas ausmauscheln, sondern daß das Parlament hier der zuständige Entscheidungsort ist. Das haben wir nun durchgesetzt. Was die Manöver der Regierung selbst angeht: So weit, wie die schon mit den Details der Kosten und Standorte sind, haben sie wohl schon entschieden.

Mit welcher Motivation?

Mit genau jener perversen Motivation, die bei Stationierungen auch bisher herhalten mußte – daß der Warschauer Pakt nach der Raketen-Nullösung ein militärisches Übergewicht habe und man daher auf die anderen Waffen nicht verzichten könne. Wie gehabt: erst stationieren, dann kann man darüber verhandeln. Eine Logik, die wir ja gerade durchbrechen wollen.

Der frühere Ministerpräsident und Sozialistenchef Craxi hat erklärt, man brauche die F 16 nicht, und in Comiso schon gar nicht.

Bei solchen Aussagen muß man, leider, hier in Italien immer bedenken, daß sie stets auch im Zusammenhang politischer Manöver zu lesen sind. Tatsächlich hat Craxi zunächst einmal Comiso – dort regiert eine Linkskoalition das Rathaus – ausgeschlossen und wesentlich undeutlicher die Stationierung überhaupt.

Wird denn zumindest die Opposition einig sein gegen die Stationierung?

Das ist inner- und außerhalb des Parlaments sehr unterschiedlich. Außerhalb haben die traditionellen Friedenskämpfer bereits Standort bezogen, im oberitalienischen Aviano, wo es Stationierungsgerüchte gibt, war schon vorige Woche eine Riesendemonstration. Dabei zeigte sich, daß selbst die Christdemokraten tief gespalten sind, viele Katholiken vereinigungen machen Front gegen die Stationierung. Mehr Sorge bereitet der Zustand der Opposition im Parlament. Bisher haben nur wir und die kleinen Parteien eindeutig Position bezogen; leider aber ziehen die Kommunisten nicht voll mit, brummeln etwas von „darüber verhandeln“. So hat der PCI bislang denn keinen einzigen Antrag zur Sache eingebracht, lediglich eine Anfrage.

Gibt es denn überhaupt Orte, wo die F 16 ohne großen Widerstand stationiert werden können?

Das ist vielleicht tatsächlich noch der Schwachpunkt des Vorhabens. In Aviano sind die Kommunisten dagegen, weil sie hier viele Wähler haben. Auf Sardinien spricht die dort derzeit starke Anti-Nuklearbewegung dagegen, in Apulien machen sogar die Bischöfe gegen die Militarisierung mobil. Sizilien ist tatsächlich der wohl am leichtesten durchsetzbare Punkt, also Sigonella oder Comiso. Daß Comiso ganz vornean steht, entnehme ich der Tatsache, daß unser Antrag auf Umwandlung der ehemaligen Cruise- Basis in touristische Anlagen von der Regierung abgelehnt wurde – und daß noch immer weiter an Startbahnen gebaut wird.

Zu Comiso hat doch aber sogar Außenminister Andreotti, für Sizilien stets ein Indikator, bemerkt, daß man die Zone nur noch touristisch nutzen solle...

So wie ich Andreotti kenne, wird er dann am Ende eben feststellen, daß auch die Bedienungsmannschaften der F 16 ein schönes Touristenkontingent darstellen.

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