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„Liebet und ehret einander“

Homosexuelle Paare werden in Dänemark bald heiraten können / Gesetzesinitiative sieht rechtliche Gleichstellung vor  ■ Aus Kopenhagen Martin Stein

Axel Axgill ist 73; seit 38 Jahren leben er und sein 65jähriger Freund zusammen. „Wir waren nie, was man hier in Dänemark Schrank- Schwule nennt, wir haben uns nie versteckt.“ Bereits 1966 nahmen sie einen gemeinsamen Nachnamen an: „Axgill“, eine Mischung aus beiden Vornamen. Nur heiraten konnten sie bisher nicht. Das soll sich jetzt ändern.

In diesem Sommer wird das dänische Parlament gegen die konservative Minderheitsregierung ein Gesetz verabschieden, das die juristische Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Paaren vorsieht. Die Gleichbehandlung erstreckt sich auf Erbrecht, Steuerrecht und die Unterhaltspflicht. So werden Dänemarks etwa 20.000 Homosexuelle bald auch heiraten können, sofern sie es wollen. Nur eine kirchliche Trauung ist weiterhin unmöglich, ebenso wie die Kinderadaption. „Wir leben wie ein Ehepaar. Es ist deshalb nur konsequent, daß wir uns jetzt auch offiziell trauen lassen. Für uns hat das symbolischen Charakter.“

„Liebet und ehret euch“

Im Kopenhagener Stadtteil Vesterbro betreiben Claus und Sören seit kurzem gemeinsam einen Blumenladen. Bereits im vergangenen Juli haben sie sich das inoffizielle Ja-Wort ge geben, weil sie einen protestantischen Pfarrer gefunden hatten, der gegen den Willen der Kirche die Trauung vorzunehmen bereit war. „Liebet und ehret einander und übet Treue“... Claus und Sören sehen in dem Ritual eine Hilfe, um einer „allzuleichten Trennung, wo man seine Sachen packt und einfach Tschüß sagt“, entgegenzuwirken.

Die Hochzeitsfeier war „festlich, schön und teuer“. Doch erst nach der Unterschrift von beiden im zuständigen Rathaus wird die Ehe gültig sein. Erst dann werden gemeinsame Anschaffungen auch juristisch als gemeinsamer Besitz betrachtet. Und wenn „der Tod sie scheidet“, hat der Hinterbliebende Anrecht auf Lebensversicherung und Pension des Partners und rückt an die erste Stelle der gesetzlichen Erben. Wenn der Mietvertrag auf den Namen des Verstorbenen lautet, hat der Hinterbliebene das Recht, in der Wohnung zu bleiben. Carlo und Jannick gehen seit zweieinhalb Jahren „durch gute und durch schlechte Zeiten“. Sie haben keine Heiratspläne.

Besonders schlecht waren die Zeiten vor einem Jahr, als Carlos Aufenthaltsgenehmigung (er ist Italiener) nicht verlängert werden sollte und beide auf die Suche nach einer Ehepartnerin für eine fingierte Ehe gehen mußten. In Zukunft werden diese Tricks nicht mehr nötig sein: „Natürlich hätte ich Carlo damals sofort geheiratet“, sagt Jannick.

Noch Lücken im Gesetz

Helle und Helle sind lesbisch. Seit drei Jahren leben sie zusammen. Für sie ist das neue Gesetz kein Thema. Sie haben keinen zwingenden Grund zur Heirat: „Steuerlich hat das für uns mehr Nach- als Vorteile, und die Unterhaltspflicht kann durch Gesetze sowieso nicht geregelt werden“, meinen sie. Daß Adoption für homosexuelle registrierte Paare nicht zugelassen wird, finden sie idiotisch, denn: „Die Kinder in den Frauenbeziehungen in unserer Bekanntschaft genießen oft eine offenere Erziehung als in den Standardfamilien.“ Helle und Helle befürworten zwar die Gesetzesinitiative, haben jedoch Zweifel, ob die im Rathaus gesammelten Daten homosexueller Paare nicht auch für andere Zwecke mißbraucht werden könnten.

Trotz dieser Einwände sieht die Scene das neue Gesetz als Schritt zur Akzeptierung von Homosexualität in der Gesellschaft. Heirats- Touristenströme aus den Nachbarländern werden ausbleiben müssen, denn das Ehegesetz gilt nur, wenn einer der beiden Partner seinen Hauptwohnsitz in Dänemark hat.

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