piwik no script img

Es gauweilert beim AEG–Konzern

■ Maßnahmen–Katalog gegen Aids / Aids–Hilfe: Ausgrenzungen von HIV–Positiven aus dem Beruf

Von Manfred Kriener

Berlin (taz) - Der AEG–Konzern will mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog gegen Aids vorgehen. Neben Aufklärung und Information der Belegschaft sind bei zwei Mitarbeiter– Gruppen auch obligatorische HIV–Tests vorgesehen. Mit entsprechenden Konsequenzen: Bei den Fahrern und beim medizinischem Personal (Sanitäter, Schwestern, Betriebsärzte) sollen Infizierte versetzt werden. HIV– positive Bewerber sollen künftig nicht mehr eingestellt werden. Bewerber, die den Test verweigern, werden ebenfalls nicht eingestellt. Allen 80.000 Beschäftigten wird ein Test beim werksärztlichen Dienst oder Hausarzt empfohlen. Der Gesamtbetriebsrat (GBR) der AEG hat diesen umstrittenen Maßnahmen zugestimmt. In der Werkszeitung (März 88) wenden sich AEG– Chef Heinz Dürr und GBR–Vorsitzender Siegfried Sauter in Sachen Aids unisono an die „liebe Mitarbeiterin und den lieben Mitarbeiter“. Sie verweisen auf die „Fürsorgepflicht“ des Unternehmens, weisen auf Erreger und Infektionswege hin und bieten „nach Diskussion mit kompetenten Ärzten, Wissenschaftlern und Beratern“ allen Mitarbeitern an, „sich freiwillig und kostenlos auf HIV–Antikörper untersuchen zu lassen“. „Bitte nutzen Sie diese Möglichkeit“, heißt es im letzten Absatz vertrauensvoll. Doch der Maßnahmenkatalog, der in einem Vorstands–Rundschreiben aufgeschlüsselt wird, geht darüber hinaus. Als Vorbeugung und Vorsorge sind hier eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt, bis hin zu Zwangstests für einzelne Berufsgruppen (siehe oben). Konzernsprecher Peter Sackenheim will allerdings von Zwangstests nichts wissen: „Niemand wird bei uns zum Test gezwungen.“ Sackenheim hat Recht. Allerdings wird bei bestimmten Berufsgruppen auch niemand eingestellt, der sich nicht testen läßt. Während Sackenheim jeden Zwang und auch personelle Konsequenzen bestreitet, räumt Betriebsratsvorsitzender Sauter ein, daß bei Fahrern und bei medizinischem Personal diese Konsequenzen durchaus gezogen werden. Dennoch habe man zugestimmt. Unter dem Eindruck der Schwere des Krankheitsbildes Aids und der wissenschaftlichen und medizinischen Beratung des Frankfurter Professoren–Teams Fortsetzung auf Seite 2

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen