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G A S T K O M M E N T A R Bankrott sozialer Wohnungspolitik

■ Zur Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit

Subventionen haben Beigeschmack. In der Bau– und Wohnungspolitik sowieso. Es vergeht keine Woche, in der man nicht von irgendeinem Bauskandal in der Republik Kenntnis nehmen müßte. Wenn nun Finanzminister Stoltenberg zur Finanzierung seiner umstrittenen Steuerreform Subventionen streichen will, dann hat er Befürworter reichlich an seiner Seite. Nicht so bei der Streichung der Steuerbefreiung für gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Selbst die Wohnungspolitiker in der Union sind brüskiert. Kein Wunder, denn den Wohnungsbauminister Schneider (CSU) ließ Stoltenberg schwer im Regen stehen. Noch im Herbst letzten Jahres hatte sich dieser unmißverständlich für die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau ausgesprochen. Aber Stoltenberg hat ohnehin nie einen Hehl daraus gemacht, daß er das von Schneider geführte Ministerium am liebsten abgeschafft sehe. So ganz nebenbei erhofft sich der Finanzminister Mehreinnahmen von 100 Millionen Mark. Eine Lächerlichkeit, die jedoch für 3,4 Millionen Mieterhaushalte mit einem bösen Erwachen enden wird. Denn dieser Federstrich bedeutet das Ende der Wohnungsgemeinnützigkeit. Die betroffenen Wohnungsunternehmen sind gespalten. Vielen kommt der Ausstieg gelegen, schließlich verbessern mögliche Mieterhöhungen die Wirtschaftlichkeit, und die Fesseln eines eingeschränkten Geschäftskreises sind gesprengt. Soziale Wohnungspolitik hatten ohnehin nur wenige Unternehmen auf ihre Fahnen geschrieben. Wohnungsgemeinnützigkeit bedeutet ein Tauschgeschäft. Die Unternehmen erhalten die Steuerbefreiung und nehmen dafür Bindungen in Kauf, von denen die Mieter profitieren können. Das Ende dieses Tausches fällt in das absehbare Ende des sozialen Wohnungsbaus überhaupt. Trotz weiterhin großer Nachfrage. Bis zur Jahrtausendwende wird nach den Vorstellungen konservativer Wohnungspolitiker der Markt vollkommen umgekrempelt werden. Auf Kosten der Mieter, zugunsten der Eigentumsbildung und der privaten Vermieter. Der Staat entläßt sich aus der Verantwortung. Reiner Wild, Berliner Mieterverein e.V.

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