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Grüner Krach ums Geld

■ Ehemaliger Römer–Grüner wirft Jutta Ditfurth und Manfred Zieran Unterschlagung vor / Geld war für Prozeß gegen Hoechst AG bestimmt, der nie stattfand

Aus Frankfurt Heide Platen

Die fundamentalistische grüne Frankfurter Gallionsfigur Manfred Zieran soll im Sommer 1986, das ergeben angeblich 20 Seiten Protokoll, Kontoauszüge und Briefwechsel, 8.800 Mark an projektgebundenen Parteigeldern in die eigene Tasche gesteckt haben. Über den Verbleib von weiteren 3.000 bis 4.000 Mark herrscht noch Unklarheit. Solch schwere Vorwürfe erheben nicht etwa die mit den Fundamentalisten in Frankfurt in Dauerclinch liegenden RealpolitikerInnen. Sie kommen von dem ehemaligen Kollegen und Parteigänger Walter Oswalt, der wie Zieran bis 1985 Stadtverordneter im Römer war. Er wandte sich mit seinen Erkenntnissen an die neue grüne Rathausfraktion, den Kreisverband und den Bonner Bundesvorstand. Oswalt sieht sich, die Grünen und Initiativgruppen gegen den Chemie–Konzern Hoechst AG von Zieran und auch von Jutta Ditfurth um insgesamt 20.000 Mark betrogen. Dieses Geld hatte Jutta Ditfurth, schon damals im Bundesvorstand der Grünen, von diesem Gremium im Namen der Initiativgruppen beantragt. Es sollte für eine großangelegte Kampagne gegen die Hoechst AG und für zu erwartende Prozeßkosten verwandt werden. Anlaß war eine Anzeige, die die Konzernleitung, unterstützt vom Betriebsrat, gegen die grüne Rathaus– Fraktion erstattet hat. Die Bildzeitung titelte damals: „140.000 Hoechstler klagen gegen die Grünen.“ Die Fraktion hatte als presserechtlich verantwortlich für eine Broschüre gezeichnet, in der der Hoechst AG vorgeworfen wurde, „direkt und indirekt“ Menschenleben aufs Spiel zu setzen und Politiker zu schmieren. Der Konzern zog später die Anzeige zurück; ein Prozeß fand nicht statt, das vom grünen Bundesvorstand bewilligte Geld wurde nicht gebraucht. Daß es nach dem Überweisungseingang am 26.Juni 1986 nur eine knappe Woche auf dem Konto ruhte, für das Oswalt, Zieran und Ditfurth gemeinsam zeichnungsberechtigt waren, stellte Oswalt erst über ein Jahr später fest. Er kam im Oktober 1987 zufällig darauf, daß das Konto überhaupt noch existierte. Bei der zuständigen Volksbank erhielt er Einsicht in die Kontobewegungen. Danach waren am 2.Juli 1986 10.000 Mark abgehoben worden. Neider berichten, daß just eine Woche später Ditfurth und Zieran eine gemeinsame Reise nach Kuba angetreten hätten. Oswalt bat Zieran nach seiner Entdeckung zunächst telefonisch und schriftlich um Aufklärung über den Verbleib des Geldes. Dieser blieb die Antwort schuldig. In einem Einschreiben hakte Oswalt dann Anfang November nach. Er setzte eine Frist bis zur Monatsmitte und kündigte an, danach den Schatzmeister der Fortsetzung Seite 2 Grünen zu informieren. Ende 1987 ist ihm dann mitgeteilt worden, daß sich Zieran 8.800 Mark Honorar für die Vorbereitung des nicht stattgefundenen Prozesses und der Kampagne genehmigt hatte. Oswalt: „Dies geschah, ohne mich auch nur in Kenntnis davon zu setzen.“ Auch die „anderen beteiligten ehemaligen Römer– Abgeordneten“ seien nicht informiert worden. Im Februar listete Zieran schließlich seine anfallenden Ausgaben folgendermaßen auf: Material– und Druckkosten, Kontogebühren und Aufwand/Zuarbeit/ Organisation für Rechtsanwälte und Angeklagte und Erstellung eines Hoechst Aktenarchivs (16 Monate). Die Grünen im Römer merkten an, daß Zieran dann offensichtlich monatelang ein doppeltes Salär bezogen habe. Schließlich sei er als Fraktionsangestellter bis Februar 1986 beschäftigt gewesen und den neugewählten RealpolitikerInnen nach einem von ihm gewonnenen Arbeitsgerichtsprozeß noch ein dreiviertel Jahr erhalten geblieben. In dieser Zeit habe er fast ausschließlich an dem Hoechst–Archiv gearbeitet. Am 7.April trafen sich nun die ehemaligen Stadtverordneten in Frankfurt. Im Protokoll der Sitzung steht: „Dabei wurde festgestellt, daß es über die Verteilung (des Geldes)... unterschiedliche Meinungen gab.“ Die „Fundis“ stimmten schließlich dem Honorar für Zieran - mit Ausnahme von Oswalt - nachträglich zu. Zieran und Ditfurth versuchten, die Versammelten davon zu überzeugen, daß Oswalt sehr wohl informiert gewesen sei. Dieser bestreitet das bis heute. Auch den Beschluß, das restliche Geld auf dem Konto, 7.819,50 Mark, der eigenen „Fundi“–Gruppe zur Verfügung zu stellen, billigte er nicht. Der grüne Bundesvorstand Eberhard Walde, seit den Ostertagen über den Vorgang informiert, stellte fest, er werde zusammen mit dem Schatzmeister seiner Partei die vor zwei Tagen bei ihm eingetroffenen Unterlagen prüfen.

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