: IWF–Frühjahrsbilanz: Die Schulden wachsen
■ Klein schlägt für die Herbsttagung in Berlin das Thema „Umwelt“ vor
Washington (ap/dpa) - Die Weltbank will den hochverschuldeten Ländern der „Dritten Welt“ die Rückzahlung ihrer Kredite erleichtern, damit die Schulden Schulden bleiben. Der Präsident der Weltbank, Barber Conable, sagte am Freitag bei der die Tagung abschließenden Sitzung des gemeinsamen Entwicklungsausschuß von Weltbank und Internationalem Währungsfonds, die Schuldenlast dieser Länder müsse verringert werden. Sie wird bis zum Ende des Jahres voraussichtlich 1,2 Billionen Dollar betragen. Nach Angaben der Weltbank zahlten die Länder der „Dritten Welt“ im vergangenen Jahr 29 Milliarden Dollar mehr für Importe und für den Schuldendienst, als sie aus Ausfuhren und neuen Krediten einnahmen. Conable sagte, wenn die Last nicht reduziert werde, würden die Drittweltländer beginnen, weniger zurückzuzahlen. Er schlug vor, für die ärmsten Länder die Rückzahlungsbedingungen für neue Anleihen mit 20jähriger Laufzeit zu erleichtern. Länder, in denen das Durchschnittseinkommen pro Kopf 1986 über 836 Dollar betragen hatte, sollen erst fünf Jahre nach der Aufnahme des Kredits mit der Tilgung beginnen. Z.Zt. beträgt die Frist drei Jahre. Die über 100 Entwicklungsländer hatten über ihre Sprechergruppe (G–24) an die reicheren Staaten, IWF, Weltbank und die privaten Geschäftsbanken appelliert, gemeinsam Wege zum Abbau des Schuldenbergs und zur Senkung der Belastungen mit Zinsen und Tilgungen zu finden. Sie warnten davor, daß sonst die soziale und politische Stabilität in vielen Ländern der „Dritte Welt“ gefährdet werde. Der britische Schatzkanzler Nigel Lawson plädierte dafür, daß die Regierungen der Industriestaaten staatliche Kredite in verlorene Zuschüsse umwandeln oder die Zinssätze senken sollten. Die Zinsbelastung wachse ständig und führe die ärmsten Länder in einen Teufelskreis. Es sei unrealistisch zu erwarten, daß sie Länder je ihre Kredite einschließlich der marktüblichen Zinsen zurückzahlen würden. Großbritannien habe seit 1979 wie viele andere Länder eine halbe Milliarde Dollar abgeschrieben, die als Anleihen nach Afrika gegangen seien. Die Regierung der USA hat bislang jede Senkung der Zinssätze für die ärmsten Länder abgelehnt. Die meisten Industrieländer glauben, daß der IWF für eine größere Rolle bei der Bewältigung der Schuldenkrise mehr Finanzmittel braucht. Sie sind deshalb für eine nennenswerte Kapital–(Quoten)Erhöhung, was jedem Mitglied Zugang zu höheren Kreditbeträgen bringen würde. US–Finanzminister James Baker hat aber klar gemacht, daß die USA derzeit keine Möglichkeit sehen, im Kongreß neben der laufenden Erhöhung des Kapitals der Weltbank um 75 Mrd. Dollar noch eine IWF– Geldspritze durchzusetzen. Die Entscheidung über die 9. Quotenerhöhung beim IWF ist auf das Frühjahr 89 vertagt. Im gemeinsamen Entwicklungsausschuß von IWF und Weltbank stand neben den Schuldenproblemen die Sorge um die immer weiter um sich greifende Umweltzerstörung auch in vielen Entwicklungsländern im Mittelpunkt. Bundesentwicklungshilfeminister Hans Klein regte an, das Thema Umwelt und Wachstum in der „Dritten Welt“ zu einem Schwerpunkt der Jahrestagung im September in Berlin zu machen. Der Schutz der Umwelt in den Entwicklungsländern werde „selbstverständlich beträchtliche“ Mittel erfordern, sagte Klein. Er sei aber überzeugt, „daß die Öffentlichkeit in den Industriestaaten, wird ihr die dramatische Notwendigkeit solcher Anstrengungen vor Augen geführt, ihre Regierungen geradezu zum Handeln drängen würde“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen