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Weltbank: Tanz der VampireWie die Weltbank Armut lindert

■ Zwischenbilanz der Strukturanpassung / Ghana: Sanierungsprogramme nachgebessert / Weltbank wälzt soziale Folgekosten ab

Trotz zahlreicher Umschuldungsprozeduren und der Einführung einer breiten Palette von Finanzmotivationen konnte das 1982 zerbrochene Entwicklungsmodell der Nachkriegszeit bisher nicht wieder gekittet werden. Die beiden Finanzinstitutionen Internationaler Währungsfond (IWF) und Weltbank haben daher ihre Kooperation vertieft und ausgebaut: Die an IWF–Abkommen gekoppelten Anpassungsdarlehen der Weltbank sind inzwischen rasant angestiegen: Lag der Anteil der Weltbank–Anpassungsdarlehen am Gesamtvolumen der Kredite 1981 noch bei 8,1 Prozent, so stieg dieser Anteil 1987 auf 23 Prozent und soll im Jahre 1988 auf 25 Prozent angehoben werden. Inzwischen erhalten 50 „Dritte– Welt“–Länder Anpassungskredite der Weltbank. Allerdings mußten IWF und Weltbank die Erfahrung machen, daß die gewünschte Umstrukturierung nach orthodox–liberalem Muster keineswegs im Handstreich zu erlangen ist: Fast die Hälfte der Empfängerländer erhielt bisher drei oder sogar mehr aufeinanderfolgende Anpassungskredite. An der Spitze rangieren die Türkei und Jamaica mit jeweils acht, gefolgt vom Musterschüler Ghana mit inzwischen sechs Anpassungskrediten. Folgt man einer ersten Zwischenbilanz dieser Anpassungspolitik von Weltbank und IWF, so ergibt sich nach einer weltbankeigenen Untersuchung aus dem Jahr 1986 über 15 Strukturanpassungskredite in zehn Ländern (Bolivien, Elfenbeinküste, Guyana, Jamaica, Kenia, Pakistan, Philippi nen, Senegal, Thailand, Türkei) folgendes Bild: Keines der Länder konnte das Programm in der vorgesehenen Zeit umsetzen, in Bolivien und Guyana wurden die Programme allenfalls in Ansätzen implementiert. Sri Lanka - ursprünglich ebenfalls als Empfängerland vorgesehen - brach die Verhandlungen während des „Politik–Dialogs“ wegen unzumutbarer Forderungen ab! Die Realisierung der zentralen Standard–Auflagen, als da sind Exportförderung und Importliberalisierung, Einführung marktorientierter Preise, Effektivierung der öffentlichen Investitionen bzw. Privatisierung, blieben der Weltbank zufolge hinter den Erwartungen deutlich zurück. Die erhofften Exportsteigerungen konnten nur in Thailand, dem Senegal, der Türkei und der Elfenbeinküste erreicht werden. Die anfänglichen Erfolge in der Elfenbeinküste zerplatzten inzwischen jedoch wie eine Seifenblase: Der Preisverfall der wichtigsten Exportgüter (Kaffee, Kakao, Baumwolle) zwang auch dieses Wirtschaftsmusterland 1987 zur Einstellung der Schuldendienstzahlungen. Die in den Strukturanpassungsdarlehen regelmäßig geforderten Maßnahmen zum Abbau von Zöllen und anderen Importhemnissen wurden im allgemeinen nur mit großen Abstrichen realisiert oder bei der Durchsetzung marktorientierter Preise, im Klartext bei der Abschaffung von Subventionen für Grundnahrungsmittel, Energiepreise etc. Die auferlegte Forderung nach Effizienzsteigerung bei öffentlichen Investitionen, z.B. Stillegung wenig profitabler Unternehmen, Entlassungen sog. überzähliger Arbeitskräfte, konnte ebenfalls „zufriedenstellend“ durchgesetzt werden. Die gleichfalls geforderten Privatisierungsmaßnahmen verliefen der Weltbank zufolge allerdings zu schleppend. Den drastischen sozialen Auswirkungen der Strukturanpassung - in Guyana wurden z.B. 25 Prozent aller im öffentlichen Sektor beschäftigten Arbeitskräfte entlassen - widmete die Weltbank in den ersten Jahren kaum Aufmerksamkeit. Tatsächlich setzte man allein auf die mittel– und langfristigen Effekte. Erst als die weltweit sprunghaft angestiegene Verelendung offenbar wurde und auch politischer Widerstand nicht nur gährte, sondern wie z.B. in Sambia im Dezember 1986 ein lang ausgehandeltes Anpassungspaket durch Revolten über Nacht zu Fall gebracht wurde, schien man bei der Weltbank alarmiert: Noch im gleichen Monat etablierte man eiligst die direkt dem Weltbank–Präsidenten unterstellte „Spezialarbeitergruppe zur Bekämpfung der Armut“, die alsbald ein Konzept zum Schutz der Armen und besonders Betroffenen während der Anpassungspolitik vorlegte. Die ohnehin übliche Überwachung der Staatshaushalte in der „Dritten Welt“ ermöglichte der Spezialarbeitsgruppe zufolge, die Auflagenpolitik gegenüber den Ländern entsprechend zu modifizieren. Die jetzt für dringlich empfundene „soziale Abfederung“ - die bisherige Anpassungspolitik soll strikt fortgesetzt werden - zielt den jüngsten Verlautbarungen zufolge auf eine kosteneffiziente, zielgruppenorientierte Bereitstellung sozialer Dienstleistungen (z.B. spezielle Mutter– Kind–Programme) sowie auf zielgruppensorientierte Kompensationsprogramme (Umsetzungs– und Umschulungsprogramme für entlassene Arbeitskräfte des öffentlichen Sektors). Wie man sich bei der Weltbank die Umsetzung dieser neuen Armutsorientierung vorstellt, wird gegenwärtig am „Testfall Ghana“ demonstriert. Seit dem Sturz Nkrumahs im Jahre 1966 taumelte Ghana - einst die wirtschaftliche Perle Westafrikas - zwischen wirtschaftlichem Niedergang, Militärputschen und IWF–Umschuldungsabkommen hin und her. Seit 1983 - den linken Offiziersflügel hatte der neue Machthaber J.J. Rawlings inzwischen ausgeschaltet - avancierte Ghana zum Musterschüler der IWF/Weltbank– Anpassungspolitik. Die erste Phase des wirtschaftlichen Sanierungsprogramms wurde 1986 tatsächlich mit beachtlichen Resultaten abgeschlossen: Das Bruttosozialprodukt wuchs real um 5 Prozent, die Inflation konnte von 123 Prozent auf 23 Prozent deutlich vermindert werden und auch die Exporte, besonders Kakao, nahmen wieder zu. Nimmt man diese Entwicklungen aber genauer unter die Lupe, so verflüchtigt sich der Modellcharakter zunehmend. Das Herzstück des Sanierungsprogramms, die Förderung des Kakaoexportes, sieht sich nach Weltbank–Angaben inzwischen wieder mit sinkenden Weltmarktpreisen konfrontiert. 1988 erreichten sie sogar einen Tiefststand. Der nur vorübergehende Rückgang der Inflation - 1987 stieg sie wieder auf 35 Prozent - war fast ausschließlich das Resultat erhöhter Nahrungsmittelproduktion. Die war allerdings wieder einsetzenden Regenfällen und keineswegs irgendwelchen Leistungen des Sanierungsprogrammes zu verdanken. Da während des IWF/Weltbank–Sanierungsprogrammes der Anteil des Schuldendienstes an den Exporterlösen weiter von 50 Prozent auf 60 Prozent kletterte, sind in der Phase II des Sanierungsprogrammes keine Verbesserungen zu erwarten. Für die ärmeren Teile der städtischen Bevölkerung und der nördlichen Regionen hat sich die Lage sogar zuspitzt. Allein im öffentlichen Sektor sollen 60.000 Arbeitskräfte im Handstreich vernichtet werden. Deshalb initierte die Weltbank im vergangenen Jahr unter ihrer Schirmherrschaft eine internationale Mission zwecks Ausarbeitung eines Aktionsprogrammes zur „sozialen Abfederung“ (Program for Action to Mitigate the Social Costs of Adjustment, PAMSCAD) ihrer eigenen Sanierungspolitik. Verschiedene Organisationen der UNO (wie die UNDP, die UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation WHO), wie auch bilaterale Geber und zahlrei che Nichtregierungs–Organisationen (NGO) werden seither zur Bereitstellung finanzieller Ressourcen in Höhe von insgesamt 83,9 Millionen Dollar für diverse Kleinprojekte aufgerufen. Diese sollen durch Umsetzungsprogramme, Umschulungsprogramme, Nahrungsmittelergänzungsprogramme, Entwurmung von Schulkindern etc. das wirtschaftliche Sanierungsprogramm flankieren. Diese Summen sind ganze acht Prozent des Gesamtkreditrahmens, der von allen Geberländern für 1988 und 1989 vorgesehen ist. IWF und Weltbank lassen sich das Konzept für die „ökonomische Gesundung“ nicht aus der Hand nehmen. Die Sorge um das Überleben der Bevölkerung wird auf andere Institutionen abgewälzt. Ein offizieller Bericht der Regierung Ghanas zeigt die Stoßrichtung von PAMSCAD: „Die Notwendigkeit dieses Programmes ergibt sich nicht nur aus der Verantwortung gegenüber den ärmsten Bevölkerungsteilen, sondern erklärt sich aus dem Ziel, das Sanierungsprogramm als solches aufrechterhalten zu können. (...) PAMSCAD versucht die Fortsetzung und Akzeptanz des Sanierungsprogrammes zu gewährleisten, denn es muß in Rechnung gestellt werden, daß das Sanierungsprogramm manche Gruppen zum Widerstand gegen das Gesamtprogramm veranlaßt.“ Es hieße jedoch, die Tatsachen auf den Kopf zu stellen, wollte man die vielzitierte „Lernfähigkeit der Weltbank auf die neue Strategie der Armutslinderung“ beschränken. Tatsächlich veranlaßten die nur mäßigen Erfolge der bisherigen Strukturanpassungsmaßnahmen die Weltbank allem voran zu einer Verschärfung ihrer Auflagenpolitik. Jüngsten Studien aus Washington zufolge sollen jetzt auch die Projektkredite an die Erfolge des „Politik–Dialogs“ gekoppelt und die hier ausgehandelten „Reformen“ zukünftig schon vor der eigentlichen Darlehensgewährung in die Praxis umgesetzt worden sein. Liebe Rätselgemeinde! Die Lösung des ersten Nach–Osterrätsels - wie kann es anders sein - wurde der Wirtschaftsredaktion zum guten Teil auf einschlägigen Postkarten serviert. Habt Dank, denn flüchtenden dunkel–bunten Haushuhn. Gewalt gegen Hühner! Dafür haben wir kein Verständnis, und es ist uns auch egal, wenn Mutter Natur das zuläßt. So, das mußte gesagt werden. Nun zu unserem Lösungswort: Spezialist sollte auf den Einsendungen stehen, warum das wieder nur Männer sein sollen, weiß der Teufel und unser lieber Rätselproduzent, ein echter Schalk, der wahrscheinlich nur herausfinden möchte, ob die Redaktion aufpaßt. Beim nächsten Mal bestimmt. Auch unser heutiges Rätsel liefert der lieben Gemeinde ein Lösungswort, wieder, indem aus der Gesamtlösung die Buchstaben in der Reihenfolge der eckigen Nummernkästchen aneinandergereiht wer „Klamm, Heimlich & Freunde“ der verlockende Titel. Einsendeschluß ist der 8. Mai und wie immmer ist der Rechtsweg ausgeschlossen.geo

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