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GENUG IST SCHON ZUVIEL

■ Kung Ubu auf dem Spielplatz

GENUG IST

SCHON ZUVIEL

„Kung Ubu“ auf dem Spielplatz

Im Bassin ein Delphin, auf dem Dach ein Krokodil, so präsentiert sich die Kongreßhalle auf den bunten „Spielplatz 88„-Plakaten. Innen gibt es nicht mal ein Silberfischchen. Steril, grau und menschenleergefegt, ein paar Stellwände gähnen vor sich hin, Wegweiser führen in die Irre, Mittag ist von zwölf bis eins. Dann stehen noch diverse Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen herum und wissen von nichts.

Kinder sind ganz fehl am „Spielplatz '88„ - wenngleich „wir nicht ohne Stolz behaupten können, daß Berlin als die deutsche Kindertheaterstadt bezeichnet werden kann“. Der Kultursenator schmückt sich dazu, ohne rot zu werden, mit GRIPS und GRÜTZE, und das Programm des dritten internationalen Kindertheatertreffens verspricht ausländische Spezialitäten, mehr als genug. Nur ist es eben diesmal eine Werkstatt - und „Werkstatt Berlin“ ist, wenn jeder Pup auf buntes Papier gedruckt wird und dann irgendwo irgendein Gewurschtel stattfindet. Das Tanztheaterzelt steht nicht da, wo es soll, keiner weiß Bescheid. Wer zum Kindertheater will, muß erstmal zum Kiosk am Kudamm. Und das Klima in der Kongreßhalle ist schlimmer als das Wetter.

Nur die Crew von „Skotes Musiktheater„ aus Schweden begrüßt ihre Gäste aufs Freundlichste und führt sie in einen dunklen Raum unter der Treppe. Dort steht eine kleine Maschine, die ist zu nichts zu gebrauchen. Außer zu einem: eine Geschichte zu erzählen vom „König Ubu“ - ganz ohne Worte, nur mit Geräuschen und Musik. Das geht wunderbar, denn auf die Geschichte kommt es eigentlich gar nicht an, die kennt jeder: Ubu macht einen Putsch in Polen und wird dann vom Zaren wieder vertrieben. Wichtiger ist das Wie: Ubu ist der Inbegriff für kalten Terror, Ubu ist ein fieses, faschistoides Miststück, Ubu wird zum Usurpator, weil er unter anderem eine „Gehirnzermanschmaschine“ hat.

Als Alfred Jarry 1888 den Ubu erfand, da war er 15 Jahre alt und wählte sich als Vorbild für die Figur seinen Mathematiklehrer. Ubu schrie „Merdre!“ - was soviel heißt wie „Schreisse!“ oder auch, genug ist schon zuviel. Der „Roi Ubu“ wurde zum Kultstück aller Bürgerschrecks, zur Bibel der surrealistischen Avantgarde. Die Leute von Skottes Musiktheater haben für ihren „King“ eine geniale Maschine zur Gehirnwiedereinrenkung konstruiert, die ist ganz aus Abfall: Kisten, Dosen, Blech, Holz, Nägel, Gabeln, Handfeger, Pappe. Das Ding hat komische Auswüchse: Puppen wie Alraunen, wie Wurzelmännchen aus Müll - Musik wie Geräusche. Ein paar Orgelpfeifen sind eingebaut, ein Harmonium mit kaum mehr als zwei Oktaven, winzig kleine Balalaikas, Becken, Trommeln. Man muß ganz still sein, um die Geschichte hören zu können. Ubu mampft Maschinenöl, und der polnische Kronprinz fährt auf einem Holzfahrrad herum eine helle Freude für alle Jarry-Fans. Man muß aber auch ganz genau hingucken, um all die kleinen feinen An -Spielungen mitzukriegen.

Kinder sind nicht gerne still und genau dafür wollen sie hinterher die wunderbare Maschine genau untersuchen. Das geht auch nicht, die ist viel zu fein zum Anfassen. Macht nichts, Kinder gibt es, wie gesagt, sowieso fast keine auf dem „Spielplatz 88“. Den Freunden des Surrealismus aber ist durchaus zuzutrauen, daß sie Skottes Musiktheater trotz Wetter und Werkstatt finden.E.E. Bauer

Weitere Vorstellungen: am 8., 10. und 15. Juni um 10 Uhr; am 11. Juni um 19 Uhr und am 12. Juni um 17 Uhr.

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