piwik no script img

Hilflos in Sachen Menschenhandel

■ Auf Initiative der AL fand eine Anhörung zum Thema organisierter Menschenhandel statt / Hilflosigkeit und vage Lösungsvorschläge bei den Rednerinnen / Mangelnder Wille bei Polizei und Staatsanwaltschaft, M

Hilflos in Sachen Menschenhandel

Auf Initiative der AL fand eine Anhörung zum Thema

organisierter Menschenhandel statt / Hilflosigkeit und vage Lösungsvorschläge bei den Rednerinnen / Mangelnder Wille bei Polizei und Staatsanwaltschaft, Menschenhändler

strafrechtlich zu verfolgen

Allgemeine Hilflosigkeit gegenüber dem Menschenhandel mit Frauen aus Thailand oder den Philippinen demonstrierten die Teilnehmerinnen einer von der AL im Rathaus Schöneberg organisierten Anhörung am Mittwoch abend. Mit Ausnahme der Ausländerbeauftragten John (CDU), die sich für die Einführung von Visen für Südost-AsiatInnen einsetzt, waren alle der Ansicht, daß Abschiebungen den Menschenhandel nicht eindämmen, sondern die Lage der betroffenen Frauen nur noch erschwerten.

Denn diese haben für ihren Weg nach Berlin meist Schuldscheine von rund 4.500 Mark an den Menschenhändler unterschrieben. In Thailand könnten sie eine solche hohe Geldsumme niemals abarbeiten.

Wie aber würde es ihnen ergehen, wenn sie in der Bundesrepublik blieben und beispielsweise Anzeige gegen ihren Menschenhändler erstatteten. Helga Hentschel (AL) berichtet von einer Frau in Irland, die unlängst ermordet wurde, nachdem sie ihren Menschenhändler angezeigt hatte. Es sei darüber hinaus überhaupt nicht gewährleistet, daß eine Anzeige tatsächlich zu einem Verfahren führe. Insgesamt mangele es bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft am Willen, Menschenhändler und Zuhälter strafrechtlich zu verfolgen. Kriminalisiert würden nur die Frauen. Heide Simon, eine Mitarbeiterin der Charlottenburger Beratungsstelle für Geschlechtskrankheiten, erinnert an zwei Fälle, in der eine Anzeige wegen Menschenhandels in der Schublade verstaubte. Meist werden die Frauen abgeschoben, noch bevor der Prozeß überhaupt beginnen kann.

Bezeichnenderweise waren trotz Einladung weder Vertreter der Polizei noch der Staatsanwaltschaft erschienen. Zur Begründung hieß es, daß es kein Spezial- oder Sonderdezernat für dieses Gebiet gebe und man noch nicht genügend Erfahrung für eine allgemeine Stellungnahme gemacht habe. Mit einer Großen Anfrage will die AL jetzt Kewenig zu einer Stellungnahme zwingen. Sie wurde gestern abend vor dem Abgeordnetenhaus besprochen.

Eine Mitarbeiterin der Frauenbeauftragten ist der Ansicht, daß „bei erzwungener Prostitution die schützenswerten Grundrechte der Frauen vor den sogenannten Belangen der Bundesrepublik stehen“. Im Wege einer Verwaltungsvorschrift sollen sie von einer Abschiebung verschont werden. Andere Vorschläge zugunsten der Betroffenen waren etwa spezielle Beratungsstellen, Zufluchtswohnungen, aber auch über das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit finanzierte Ausbildungsprojekte für Frauen in Thailand, um die dortige Armut zu lindern. Begrüßt wurde der Vorschlag, den im November in Manila stattfindenden Kongreß für die Rechte der Prostituierten finanziell zu unterstützen.E.K.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen