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CSSR-Kirche setzt ihren Willen durch

■ Erstmals seit 15 Jahren sind in der CSSR wieder Bischöfe geweiht worden / Kirche hofft, bald auch weitere vakante Stellen besetzen zu können / Kirche zwang den Staat zum Nachgeben

CSSR-Kirche setzt ihren Willen durch

Erstmals seit 15 Jahren sind in der CSSR wieder Bischöfe

geweiht worden / Kirche hofft, bald auch weitere vakante

Stellen besetzen zu können / Kirche zwang den Staat zum

Nachgeben

Berlin/Prag (taz) - „Seit 1948 gibt es bei uns nur ein Priesterseminar für die Slowakei in Pressburg und eines für ganz Böhmen und Mähren. Hier in Böhmen sind allein 1.000 Pfarrstellen verwaist“, erklärte der 88jährige Kardinal Frantisek Tomasek im Februar in einem Interview mit der taz. Damals schätzte das Oberhaupt der Katholischen Kirche der CSSR die zukünftige Entwicklung im Verhältnis zum Staat pessimistisch ein. Denn der Staat hat in der CSSR bei der Besetzung von Priestern und Bischöfen ein gewichtiges Wort mitzureden. „Junge Männer, die in das Seminar gehen wollen, dürfen dies nur mit staatlicher Genehmigung. Jedes Jahr wird der Hälfte der Aspiranten diese Genehmigung verweigert. Selbst geweihte Priester bekommen oftmals keine Stelle vom Staat, so daß viele gezwungen sind, als Arbeiter tätig zu sein“, klagte damals der Kardinal.

Seit Samstag hat sich offensichtlich doch etwas geändert. Zum ersten Mal seit 15 Jahren sind in der CSSR wieder Bischöfe geweiht worden. Rund 5.000 Gläubige hatten sich in der St. Veits-Kathedrale versammelt, wo Kardinal Tomasek den 75jährigen Jan Lebeda und den 64 Jahre alten Antonin Liska zu Weihbischöfen für Prag weihte und unter dem rauschenden Beifall der Versammelten die Hoffnung ausdrückte, bald auch die anderen vakanten Stellen besetzen zu können. Damit ist es der Kirche gelungen, ihre eigenen Kandidaten durchzusetzen und den Staat zum Einlenken zu zwingen, der bislang auf seinem Vorschlagsrecht beharrte und politisch genehme Kandidaten der staatsnahen kirchlichen Bewegung „Pacem in Terris“ auf die Bischofsstühle hieven wollte. Da viele Katholiken im Einklang mit Tomasek und dem Vatikan sich weigerten, diese Kandidaten zu akzeptieren, blieben elf der 13 Diözesen unbesetzt.

An dem Weihegottesdienst nahmen auch der päpstliche Gesandte Francesco Colasuonno sowie Geistliche aus Polen, Österreich, Ungarn, der DDR und der Bundesrepublik teil. Die nach Religionsfreiheit rufenden Demonstranten vor dem Sitz des Kardinals ließen Tomasek und den Papst hochleben und setzten damit Aktionen fort, wie sie in Prag in den letzten Monaten jeden Sonntag zu beobachten waren. Der Konfrontationskurs und die Mobilisierung der Katholiken in der CSSR zeigten sich auch in einer Petition für Glaubensfreiheit, die im März von über 600.000 Unterschriften unterstützt wurde. Erst vor zwei Monaten war eine Demonstration von Katholiken in Bratislawa (Pressburg) mit Schlagstockeinsatz beendet worden.er

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