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Sharpeville Six: Gründe für den Aufschub

■ Südafrikas Justizminister will „Aufwiegelung der Gefühle für Häftlinge“ vermeiden / Reaktion auf internationalen Druck

Berlin (taz) - Die „Sechs von Sharpeville“ müssen, trotz der unbefristeten Aufschiebung ihrer Hinrichtung, immer noch um ihr Leben bangen. In Südafrika selbst wurde eher mit Zurückhaltung auf die Verschiebung reagiert. Ursprünglich sollten sie am 19.Juli hingerichtet werden. Dennoch ist die Ankündigung des südafrikanischen Justizministers Kobie Coetzee am Dienstag ein Hinweis dafür, daß die Regierung auf internationalen Druck empfindlich reagiert. Zudem ist nun klar, daß die Justiz im Apartheid-Staat nicht so unabhängig ist, wie das Regime wiederholt behauptet hat.

Überraschend war, daß der Minister selbst die Aufschiebung verkündete. Damit nahm er eine ohnehin zu erwartende Entwicklung voraus, überließ die Initiative aber nicht den Gerichten. Die „Sechs von Sharpeville“ wollten Berufung einlegen gegen die Weigerung des Obersten Gerichtes in Pretoria, ihr Verfahren wiederaufzunehmen. Bis über diesen Appell vom Berufungsgericht entschieden worden ist, kann die Hinrichtung nicht vollzogen werden: und das kann Rechtsexperten zufolge bis zum kommenden Oktober dauern.

Die Wortwahl des Ministers zeigt, warum er selbst eingeriffen hat. Der 19.Juli sei jetzt „von keiner weiteren Bedeutung“, hieß es da. Es folgte die Aufforderung an „alle interessierten Kreise, die Aufwiegelung für oder gegen die Häftlinge“ zu vermeiden.

„Bedeutung“ erhielt der 19.Juli einerseits, weil am Tag davor der seit 24 Jahren in Südafrika inhaftierte Anti -Apartheid-Führer Nelson Mandela seinen 70.Geburtstag feiert. Dazu sind in Südafrika und international Demonstrationen angekündigt, die durch die geplante Hinrichtung der „Sechs von Sharpeville“ zusätzliche Brisanz erhielten. Diese „Aufwiegelung der Gefühle“, wie es der Justizminister meint, hatte sogar bei europäischen Regierungen dazu geführt, daß sie im Falle der Hinrichtung mit Strafmaßnahmen gegen Südafrika drohten.

International befindet sich Südafrika in einer für die Regierung alarmierenden Position. Michael Dukakis, demokratischer Präsidentschaftskandidat, hat eine erhebliche Verschärfung der US-Südafrikapolitik - bis hin zur Anwendung von Waffengewalt - angekündigt, wenn er gewinnen sollte. Dann bliebe nur Margaret Thatcher, die das Apartheid-Regime vor schweren Sanktionen schützen könnte. Eine Hinrichtung der „Sechs von Sharpeville“ würde Dukakis in die Hände spielen und Thatchers Position völlig unhaltbar machen.

Hans Brandt

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