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Die letzten Heuler in Gefahr

■ Robben sterben jetzt auch in den Aufzuchtstationen an einer Virus-Infektion Die drei Heuler im Bremerhavener „Zoo am Meer“ sind aber noch wohlauf hier bitte das Foto aus der taz-Hamburg vom 15.7., Seite 19 mit der Robbe

Von den 63 Heulern, die seit Mitte Mai bei der Seehundaufzuchtstation in Büsum angeliefert wurden, sind bislang 47 gestorben. Dies teilte Martin Franz, Fischereibiologe beim Nationalparkamt Wattenmeer in Tönning, mit. Nach seiner Einschätzung sind die Jungtiere demselben Virus zum Opfer gefallen, an dem in den letzten zwei Monaten vermutlich bereits rund 3.000 Robben in Nord-und Ostsee verendet sind (das ist fast ein Viertel des Frühjahrsbestandes von etwa 13.000 Tieren).

„Wir sind im Prinzip machtlos“, sagt Angela Lütje von der Büsumer Station. Bislang hat noch keines der in Büsum erkrankten Tiere überlebt. Der Krankheitsverlauf sei wie bei erwachsenen Tieren unheimlich rasant, erklärte Fischereibiologe Franz. Die Tiere zeigten sich zunächst schlapp und lethargisch. Dann sei Ausfluß aus Nase, Maul und After festzustellen. Spätestens nach drei Tagen seien die erkrankten Heuler tot.

Ob die Tiere bereits infiziert in die Station eingeliefert wurden oder sich dort angesteckt haben, läßt sich nach Auskunft von Franz schwer sagen. Sieben schwer erkrankte, aber noch lebende Tiere wurden in den vergangenen Tagen an das Lebensmittel-und Veterinäruntersuchungsamt in Neumünster geschickt. Die Tiere wurden dort eingeschläfert, den Kadavern wurden Gewebeproben entnommen. Untersuchungsergebnisse liegen noch nicht vor. Auch in der niederländischen Robbenaufzuchtstation Pieterburen sind bereits Tiere an der Viruskrankheit gestorben. In den holländischen Labors hat man nach Auskunft der Pieterburener Tierärztin Lies Vedder einen Picorna-Virus identifiziert, der über eine akute Lungenentzündung den schnellen Tod der Tiere herbeiführe. Dieser Virus wurde bei 14 von 15 gestorbenen Heulern - alle aus dem schleswig-holsteinischen Wattenmeer angeliefert - nachgewiesen. Von den zur Zeit 50 noch lebenden Robben in Pietburen seien vier an dem Virus erkrankt. In den Niederlanden wurden 30 Tiere mit einem Serum geimpft. In der nächsten Woche stellt sich nach Auskunft von Vedder heraus, ob diese Probeimpfung erfolgreich verläuft.

Nur drei kleine Robben sind zur Zeit im Bremerhavener „Zoo am Meer“ untergebracht. Sie sind vor knapp zwei Wochen auf Sandbänken in der Außenweser gefunden worden, von ihren Eltern verlassen. Alle drei sind wohlauf, nur eines hat ein trübes Auge, teilte der Zooinspektor mit.

Das Sterben der Robben in den Seehundaufzuchtstationen stellt nach Ansicht von Christoph Adam, Pressesprecher im Kieler Umweltministerium, den geplanten Aufbau weiterer Stationen nicht in Frage. Man fühle sich nur darin bestätigt, daß für die Arbeit in diesen Stationen ein gutes Konzept erforderlich sei.

Martina Keller/mw

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