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IRA-Bombenanschlag in Nordirland

■ IRA bekennt sich zu Bombenanschlag, bei dem Familie ums Leben kam / IRA spricht von Verwechslung bei einer „sorgfältig geplanten militärischen Operation“ / Beileid für Familien

Dublin (taz) - Zum dritten Mal innerhalb weniger Monate sind am Samstag „irrtümlich“ Zivilisten Opfer einer Bombe der „Irisch-Republikanischen Armee“ (IRA) geworden. Die IRA hat sich am Samstag abend zu dem Bombenanschlag in der Nähe der nordirischen Stadt Killeen bekannt. Dem Anschlag sind ein Ehepaar und dessen sechsjähriger Sohn zum Opfer gefallen. Die Familie befand sich mit ihrem Geländefahrzeug auf der Rückfahrt von einer Ferienreise. Der Anschlag ereignete sich 800 Meter hinter der irischen Grenze auf der stark befahrenen Hauptstraße zwischen Dublin und Belfast. Drei Personen aus nachfolgenden Fahrzeugen wurden verletzt, als die Autos in den Bombenkrater fuhren.

In ihrer Presseerklärung, die wie üblich mit „P.O'Neill“ unterzeichnet war, bedauerte die IRA das Attentat und sprach den Familien der Opfer ihr Beileid aus. Die IRA-Einheit habe die Familie „verwechselt, so daß die sehr sorgfältig geplante militärische Operation unter höchst tragischen Umständen geendet“ habe. Weiter heißt es, daß die Bombe zu früh explodiert sei und möglicherweise durch elektronische Überwachungsgeräte der britischen Armee ausgelöst worden sei. Die nordirische Polizei vermutet dagegen, daß die IRA das Geländefahrzeug mit einem britischen Armee-Jeep verwechselt habe.

Mit dem Anschlag vom Samstag erhöht sich die Zahl der Opfer im Nordirlandkonflikt in diesem Jahr auf 47. Seit letztem November sind insgesamt 17 Personen „irrtümlich“ von der IRA getötet worden. Damals waren elf Menschen in Enniskillen bei einem Bombenanschlag auf eine Gedenkfeier für die Weltkriegstoten ums Leben gekommen. Erst vor zwei Wochen starben zwei Katholiken in West-Belfast durch eine zu früh detonierte IRA-Bombe.

Der Anschlag wurde von Politikern aller irischen und britischen Parteien verurteilt. Es wurde auch Kritik an den „Sicherheitskräften“ laut, weil es der IRA wiederholt gelungen ist, in dem schwer bewachten Grenzgebiet Bomben zu legen. Im April 1987 wurden der zweithöchste nordirische Richter Lord Justice Gibson und seine Frau von der IRA ermordet, an fast derselben Stelle, an der jetzt die Familie starb.

Ralf Sotscheck

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