: Mit 800.000 Mark in die Wüste
■ Senatsdirektor des Innen-Ressorts, Dr. Kahrs, überraschend in den „vorläufigen Ruhestand“ versetzt Grüne befürchten „Rechtsentwicklung“ / Brückner: „Paßt nicht in politische Landschaft“
„Dr. Hans-Jürgen Kahrs hat seit vielen Jahren als 'zweiter Mann‘ verdienstvolle Anteile an der politischen Führung des Senators für Inneres gehabt“, berichteten gestern mittag überraschend die „Informationen des Senats der Freien Hansestadt Bremen“. Am Vormittag hatte der Senat einstimmig die Versetzung des verdienstvollen Mannes in den „einstweiligen Ruhestand“ beschlossen. 56 Jahre ist Dr. Kahrs alt, hat also noch eine Reihe von Jahren mit 75% seiner Dienstbezüge vor dem verdienten eigentlichen Ruhestand vor sich, ca. 800.000 Mark Bruttolohn dürfte das Land Bremen für diese Personalentscheidung in den nächsten Jahren zahlen.
Warum wurde der verdienstvolle Mann „für viel Geld spazieren gehen“ und „in die Wüste geschickt“? So fragt die CDU, und
nicht nur die. „Gemäß Paragraf 41a des Bremischen Beamtengesetzes“, erläutert die Senatsmitteilung. Und damit hat es sich dann auch. Der Passus im Beamtengesetz erlaubt es einem Senator, einen politischen Beamten bei fehlendem Vertrauen ohne Angabe von Gründen aus dem Dienst zu entlassen.
Die Grünen reagierten noch am Nachmittag: „Fragwürdig und nichtssagend“ sei die Erklärung für den Rausschmiß des zweiten Mannes im Innenressort, der Senator Bernd Meyer hätte gut daran getan, sich „die verlogenen Krokodilstränen zu sparen“, erklärte der innenpolitische Sprecher der grünen Fraktion, Martin Thomas. Meyer solle „der Öffentlichkeit reinen Wein über die wirklichen Hintergründe einschenken“. Dr. Kahrs, so deuten die Grünen ihre Interpretation der
Entscheidung an, habe als „ausgleichender, liberaler Gewährsmann im Innenressort“ gegolten. Sie befürchten „nach dieser Entscheidung eine weitere Rechtsentwicklung in der Innenpolitik.“
CDU-Fraktionsvorsitzender Reinhard Metz deutet Kritik aus der entgegengesetzten Richtung an: „Fehlleistungen des Innensenators.., Beispiel Volkszählung“ seien „sicher nicht dem geschaßten Beamten in die Schuhe zu schieben“. Bremen habe nun „an der Spitze dieses wichtigen Ressorts weder einen eingearbeiteten Senator, noch kann dieser einen geeigneten Nachfolger für seinen obersten Beamten vorweisen.“
Diese Pressemeldung verweist auf eine andere Erklärung der überraschenden Personalentscheidung. Meyer war bis zum Herbst 1987 mit Eifer Bausenator und hat nie ein Hehl daraus ge
macht, daß er nicht freiwillig ins Innenressort gewechselt ist. In der Innenbehörde wird zur Erklärung des so bald zerstörten Vertrauens zwischen dem neuen Senator und dem seit 16 Jahren amtserfahrenen Senatsdirektor darauf verwiesen, daß Meyer früher mit Eberhard Kulenkampff einen Senatsdirektor hatte, der ihm die Arbeit weitgehend abnahm, das Ressort „straff und effizient“ führte und dafür auch oft 16 Stunden im Büro präsent war. Kahrs hat eine andere Auffassung von der Arbeitsteilung zwischen Senatsdirektor und Senator.
Wie ein Neuling im Amt des Senatsdirektors mit viel Arbeitseifer die Erfahrung des dienstältesten deutschen „Staatssekretärs“ des Inneren ausgleichen soll, muß derweil eine offene Frage bleiben. In 14 Tagen, so verlautet, werde Meyer einen Nachfolger benennen können, den er außerhalb Bremens zu finden glaubt.
Kritik äußerte auch der SPD-Chef Herbert Brückner. Er erklärte dem Innensenator, als dieser ihm den geschaffenen Fakt mitteilte, daß eine solche Aktion „nicht in die politische Landschaft paßt.“
K.W./S.P.
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