GASTKOMMENTAR: Rechtsstaat in Aktion
■ Mit dem Paragrapfen 111 gegen die Demokratie
Die Bundesrepublik liegt näher bei den autoritären Regimen Südamerikas, als ich dachte. Gerade zurück aus der Region, in der Sicherheitskontrollen auf Straßen und Plätzen an der Tagesordnung sind, muß ich zur Kenntnis nehmen, daß hier dasselbe droht. An die Bilder von Reisenden, die unter finsteren Blicken von Sicherheitskräften vor Fahrzeugen zur Leibes- und Fahrzeugdurchsuchung aufgereiht stehen, sollen wir uns während der IWF-Tagung gewöhnen.
Während der Beratungen der Sicherheitsgesetze wurden liberale Abgeordnete richtig böse, als die Befürchtung geäußert wurde, Kontrollen könnten schrankenlos zu polizeistaatlichen Überwachungen genutzt werden. „Lesen Sie doch mal das Gesetz. Es erlaubt Kontrollen nur bei Vorliegen bestimmter Tatsachen für einen schweren Verdacht.“ Solange die Bundesanwaltschaft nichts Konkretes über Straftaten angibt, muß davon ausgegangen werden, daß Parolen auf Häuserwänden ausreichen, um Angst und Schrecken zu verbreiten.
Gegen die Anordnung der Kontrollstellen gibt das famose Gesetz kein Rechtsmittel. Masseninternierungen nach dem Polizeigesetz sind für den September zu befürchten. Wie war das noch: Es gibt einen Unterschied zwischen autoritären Regimen und einer rechtsstaatlich verfaßten Demokratie. Und der soll sich besonders im Umgang mit Bürgerrechten erweisen.
Hans-Christian Ströbele
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