piwik no script img

Hör-Funken: "Beschäftigungspolitik im Thatcherismus.Das Beispiel London"

(„Mütter! 's klingt so wunderlich.“ In Sachen Musik: Sonnabend, WDR 3, 1000 - 1100) Zwar ist der Muttertag schon vorbei, aber mit dem aus dem „Faust II“ des Herrn von Goethe geklauten Titelsatz wendet sich die Sendung dem vielleicht letzten der ungebrochenen Mythen zu, dem der Mütter. Musikalisch wird ihn hier umspielen, was vor allem die Söhne dazu zu singen und zu sagen hatten, und die Mythenmusik reicht von Wagners „Parsifal“ bis zu Freddy Quinns „Junge, komm bald wieder“ und von „Hoffmanns Erzählungen“ des musikalischen Spottvogels Jacques Offenbach bis zum „Mama„ -Singsang eines aus dem Nest gefallenen Jungen namens Heintje. Wahrlich, das Erste und das Allerletzte, alles gleichnah dem letzten Mythos der Mütter.

(„Ein Zimmer auf Rädern“, Literarische Erfahrungen mit Abteilen, Zellen, Kabinetten (1), Sonntag, Deutschlandfunk, 930 - 1000) Wer im letzten Jahrhundert Eisenbahn fuhr, benutzte eine Kutsche auf Schienen, weitmöglich üppigen Boudoirs angeglichen, denn der vornehm Reisende will in der Illusion eigener vier Wände in die Ferne schweifen, die als unterhaltsamer Bilderbogen am Fenster vorbeizieht. Erst als Mordgesellen sich in die Solipsisten-Zellen einschlichen und ihr blutiges Handwerk an den ohnmächtig isolierten Opfern verrichteten, entstanden Waggons mit Gängen zum Schutz der Reisenden, aber auch als Quelle neuen Verdrusses. Ursula März hat aus der Literatur eine Phänomenologie der Zimmer auf Rädern herausgelesen, mit denen das Zellen- und Innenweltleben der neueren Zivilisation beginnt.

(„Beschäftigungspolitik im Thatcherismus. Das Beispiel London“, Sonntag, SR 2, 1805) Frau Thatcher, die Züchtigerin des alten Englands und Züchterin eines neuen, hat mit ihrer Rauhbein-Politik dafür gesorgt, daß strukturelle Arbeitslosigkeit inzwischen zur großbritannischen Tradition gehört, und es gibt dort ja eine Tradition, Traditionen zu lieben. Arbeitslosigkeit kann aber auch Zeichen gesellschaftlichen Reichtums sein, nur daß die neuen Konservativen diesen Reichtum nicht verteilen, sondern privater Konsumption derer zuführen wollen, die ihn angeblich produzieren, also der satten Zwei-Drittel -Gesellschaft. Beschäftigungsinitiativen blieben höchstens regionalen Administrationen wie dem Greater London Council, der Londoner Stadtregierung überlassen, und die hat auf diesem Gebiet Beachtliches geleistet. Zum Ärger Frau Thatchers und ihrer Klientel, die schließlich die zumeist roten Kommunen entmachtete und die Londoner Stadtregierung kurzerhand auflöste. Konsequenzen dieser Stadt-Streiche zeigt Stefan Millers Feature.

up

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen