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Tonartwechsel

■ Berlins Justizsenator zu politischen Gefangenen

Der sogenannte „gesellschaftliche Dialog“ mit den politischen Gefangenen wird hierzulande nach wie vor nicht als Chance der Gesellschaft, sondern als besonders heißes Eisen begriffen. Um ihm überhaupt eine Chance zu geben, müssen offenbar diplomatische Kunstfertigkeiten mit politischen Rückversicherungs-Prozeduren Hand in Hand gehen, wie es das Beispiel Nordrhein-Westfalen zeigt. Folglich fördern amtliche Presseerklärungen, die vorsichtig in Richtung Dialog zielen, leicht eine Art Justizastrologie. Schließlich ist man gern bereit, Haarrisse im deutschen Beton schon als Bruchlinien zu deuten.

Nun hat Berlins Justizsenator Rehlinger, Nachfolger des Hardliners Scholz, die Begnadigung von politischen Gefangenen öffentlich für möglich gehalten. Nicht offizielles Abschwören sei erforderlich, wohl aber „Gesinnungswandel“. Interessant ist, daß ein Newcomer sich mit diesem Thema profiliert; interessant auch, daß ein CDU -Justizminister es ist, der ausdrücklich aufs Abschwören verzichtet.

Ob sich da eine neue Politik, zumindest für Berlin, ankündigt, steht dahin. Ob der Unterschied zwischen gefordertem Gesinnungswandel und Abschwören groß gemacht oder klein gehalten wird - das wird eine Bewährungsprobe für den neuen Justizsenator Rehlinger sein. Seinen Äußerungen zufolge wäre er bei mindestens zwei der Berliner Gefangenen, bei Reinders und Fritsch, im Wort. Denn sie haben zwei Drittel der Strafe verbüßt und entsprechen Rehlingers Kriterien. Rehlingers Worte erheben also den Anspruch auf Taten. Aber: Auch wenn man von ihm nichts erwartet, seine Worte zeigen, daß das Thema Haftentlassung für politische Gefangene auch bei CDU-Politikern nicht mehr so recht zur Hysterie taugt. Bei manchen CDU-Politikern jedenfalls.

Klaus Hartung

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