: Fischsterben in der Naab durch PCB?
Hohe Schadstoffwerte bei Wallern, Hechten und Aalen in der Oberpfälzer Naab / Bund Naturschutz mißtraut den Wasserschutzbehörden / Eigene Untersuchungen alter Mülldeponien angekündigt ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler
Untersuchungen an Fischen aus der Oberpfälzer Naab haben zwar ergeben, daß die Tiere die lebensmittelrechtlich zulässigen Grenzwerte für Polychlorierte Biphenyle (PCB) um mehr als das fünffache übersteigen. Trotzdem rätseln die offiziellen Stellen noch immer über das seit zehn Wochen andauernde Wallersterben in der Naab unterhalb Schwandorfs. Dem Fischsterben sind bisher rund 50 dieser kapitalen Süßwasserspeisefische zum Opfer gefallen. Hubert Weiger vom Bund Naturschutz (BN), dem bayerischen Landesverband des BUND, glaubt, daß damit der gesamte Bestand in diesem Flußabschnitt vernichtet ist. Der Naturschützer „mißtraut den Wasseraufsichtsbehörden“ und kündigte ein eigenes Untersuchungsprogramm durch seiner Organisation an.
Weiger vergleicht PCB in seiner Gefährlichkeit mit Plutonium. Obwohl PCB seit 1986 in der EG verboten ist, steigt, so Weiger, mit dem Schadstoff die Umwelt-Belastung in der BRD weiter an. Er zitierte eine bislang nur in Fachkreisen veröffentlichte Studie des bayerischen Umweltministeriums, wonach jährlich über 1.700 Kilogramm PCB auf den Freistaat niederregnen. In den bayerischen Forst und Ackerflächen liegen bis in 15 Zentimeter Tiefe schon 260 Tonnen des Umweltgiftes. Gerade PCB zeigt laut Weiger die Problematik der Grenzwerte auf. Er hält es für wenig aussagekräftig, wenn seit Beginn des Wallersterbens vor zehn Wochen die Wasseraufsichtsbehörden immer wieder lakonisch auf die Wassergüte der Naab (Klasse 2 bis 3: mäßig belastet) verweisen. Da derartige Gütemessungen nur das Wasser, nicht aber auch die Sedimente und die Anreicherung in den Tieren miteinbeziehen, finden PCB-Belastungen in der Regel keine Berücksichtigung. Zudem werden nur sechs von 209 verwendeten PCB-Verbindungen überhaupt gemessen.
Auch für die Regierung der Oberpfalz schied bislang das Naab-Wasser als Quelle für die Schadstoffbelastung der Fische aus. Statt dessen hatten offizielle Stellen die Theorie von einer importierten Fischkrankheit bevorzugt. Demnach sollte bereits die aus Ungarn stammende Fischbrut entsprechend vorbelastet gewesen sein. Erst nach Bekanntwerden der ersten Meßergebnisse aus dem Landesamt für Wasserforschung, Ende Juli, ließ man diese Theorie fallen und übt sich seitdem wieder in Rätselraten. Nach Bekanntwerden der hohen PCB-Werte und der teilweise über den Grenzwerten liegenden Schwermetallbelastung hat die Regierung nun ihre Warnung vor einem Verzehr von Wallern und Hechten auch auf Aale erweitert.
Mit eigenen Untersuchungen will der BN dem Fischsterben auf die Spur kommen. Insbesondere soll dabei geprüft werden, ob das Müllkraftwerk in Schwandorf sowie die inzwischen begrünten älteren Mülldeponien entlang der Naab für die PCB -Schadstoffbelastung mitverantwortlich sind.
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