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Gauweiler als Saubermann der Nation

■ Gauweiler läßt Münchner Stadtbild „säubern“ / Sperrbezirke für Obdachlose geplant / Bayerisches Innenministerium will Bekämpfung der Stadtstreicherei bundesweit durchsetzen

München (taz) - Das Bayerische Innenministerium will das Stadtbild der weißblauen Landeshauptstadt noch mehr aufpolieren. Obdachlose, Penner und Stadtstreicher sollen durch die Errichtung von Sperrbezirken - wie sie ähnlich schon für Prostituierte existieren - vertrieben werden. Etwa 10.000 Nichtseßhafte gibt es zur Zeit im Freistaat, rund 5.000 sind es in München. Mit einer entsprechenden Gesetzesinitiative im Bundesrat soll die „Bekämpfung der Stadtstreicherei“ vorangetrieben werden.

Dieser Vorstoß (das Innenministerium schickte ein Schreiben an die jeweiligen Innenminister der Bundesländer) läßt wieder einmal die Handschrift von Staatssekretär Gauweiler erkennen. Diesmal will sich der 38jährige Jurist anscheinend endgültig zum Saubermann der Nation aufschwingen. Bereits in seiner Zeit als Münchner Kreisverwaltungsreferent ab 1982, waren ihm „soziallästige Personen“ ein Dorn im Auge. Persönlich streifte er nachts durch die Fußgängerzone. Mit seinen Aufräumaktionen vertrieb er schon Straßenmusikanten aus Münchens Fußgängerzone und Homosexuelle aus dem Stachusuntergeschoß. Auch dem „Versauen und Verdrecken der Anlagen und Plätze“ durch Penner gebot er Einhalt.

Mit Knast statt Geldstrafen will das Ministerium jetzt gegen Stadtstreicher vorgehen. Wegen „Vermögenslosigkeit“ und „zustellunfähiger Adresse“ seien Bußgeldbescheide wirkungslos. Außerdem soll das „Stadtstreicherunwesen“ wieder als Vergehenstatbestand im siebten Abschnitt des Strafgesetzbuches (STGB) aufgenommen werden. Dieser Abschnitt des STGB reicht von Hausfriedensbruch bis hin zur Bildung einer terroristischen Vereinigung.

lui

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