: Die Helfer der „Killer im Zweireiher“
Die „Antikommunistische Weltliga“, die weltweit Todesschwadrone, Drogenschmuggler, Contras und Rechtsradikale unterstützt, tagt derzeit in Genf / Die Organisation, deren Aktivisten nach Gerichtsbeschluß auch „Killer im Zweireiher“ genant werden können, verfügt in der BRD über beste Beziehungen zu CDU und CSU ■ Von Jürgen Roth/Berndt Ender
Die World Anti-Communist League (WACL) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Taiwan unter wesentlicher Beteiligung der US-Geheimdienste gegründet. In der Gründungsphase war sie eine nicht unwichtige Kraft im internationalen Drogenschmuggel im Fernen Osten, um so das internationale faschistische Netzwerk finanzieren zu helfen. Sie verfügte in der Adenauer-Ära außerdem auch über beste Kontakte zum Bundesnachrichtendienst des General Gehlen. An all dem hat sich bis heute nichts geändert, nicht nur was ihre Rolle beim Drogenschmuggel angeht.
1977 wurde der laotische Präsident der WACL, Prinz Chao Sopsaisana, in Paris verhaftet, weil man dummerweise 60 Kilogramm Heroin in seinem Handgepäck entdeckt hatte. Seine diplomatische Immunität garantierte ihm eine schnelle Rückkehr in seine Heimat. Dort agiert er bis heute als Vizepräsident der laotischen Nationalversammlung.
Vielfältig und eng sind die Kontakte der WACL zu europäischen faschistischen und konservativen Organisationen ebenso wie zu entsprechenden lateinamerikanischen Diktaturen. Frederic Laurent, der ehemalige Kontrolleur des französischen Auslandsspionagedienstes - und der sollte es eigentlich wissen -, erklärte: „Die Liga WACL verfügte über ausgezeichnete Beziehungen zu europäischen Neofaschisten wie zur italienischen MSI oder in der Bundesrepublik zur Bewegung 'Aktion Neue Rechte‘ ebenso wie zu Funktionären der CSU.“
Da gibt es Hans Graf Huyn. In den fünfziger Jahren arbeitete er in verschiedenen Botschaften. 1964 saß er in der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes. Nach seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Auswärtigen Amt wurde er Regierungsdirektor und schließlich außenpolitischer Referent bei der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Inzwischen ist er der außenpolitische Experte der CSU und einer ihrer Sprecher. Vielleicht nahm er deshalb 1978 in Washington am Kongreß der World Anti-Communist League teil. Mit von der Partie war die rechtsradikale US-amerikanische Vereinigungskirche CARP.
Mitglied der WACL ist auch der ehemalige Bundesvertriebenenminister Theodor Oberländer, der wegen seiner Nazi-Vergangenheit zum Rücktritt gezwungen wurde. Insofern passen die weiteren Bindungen zusammen: „Huyn wurde ins Präsidium des 'deutsch-chilenischen Freundeskreises‘ gewählt. Bei einem Hilfskomitee Südliches Afrika e.V. wurde ein Grußwort von CSU-Mann Huyn verlesen. Redner waren ein CSU-MdB und der Ex-NPD-Führer Adolf von Thadden.“
Für die Bundesrepublik Deutschland flog im Juli 1983 ein Abgeordneter zu dem jährlich in Taiwan stattfindenden WACL -Kongreß: Markus Berger, Oberstleutnant a.D. und Mitglied der CDU-Bundestagsfraktion. Sieben Monate später, im Januar 1984, hielt sich in Taiwan Dr.Gero Pfennig, CDU-MdEP, auf, zum sogenannten Freiheitstag, der von der WACL mitorganisiert wurde.
Derzeit ist der Weltrepräsentant der WACL ein Belgier, Generalmajor Robert Close, der gleichzeitig Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates in Belgien ist. Ihn findet man wieder als Gründer des Europäischen Instituts für Sicherheitsfragen, das am 5.April 1982 in Luxemburg tagte. Auf der Eröffnungsveranstaltung dieses „Instituts“, ein Machtkartell aus Politikern, Militärs und Rüstungsindustriellen, sprach der ehemalige CDU -Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel.
Die vereinigte Rechte Europas, merkwürdigerweise besonders viele Bundesdeutsche, trifft man in diesem „Institut“ wieder. 1982 hatten sich zur Aufnahme in das „Kuratorium“ des Instituts unter anderen Franz Josef Strauß, General a.D. Rall, der Rüstungsunternehmer Dr.Bölkow sowie der Luxemburger Nicolas Estgen, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, angemeldet. Zuvor, am 3.März 1982, wurden in das Kuratorium gewählt: Alfons Goppel (CSU), Dr.Aigner (CSU -MdEP), Brigade-General Karst sowie Gerhard Löwenthal. Ebenso enthüllend ist die Liste der Gründungsmitglieder, die bislang geheimgehalten wurde. Da ist der ehemalige baden -würrtembergische Ministerpräsident Hans Filbinger zu finden, Gernal a.D. Kielmansegg und Generalmajor a.D. Jochen Löser; General Pierre Cremer aus Belgien; Josef Goblirsch, ein Oberst a.D., und Oberstleutnant Gerhard Hubatscheck sowie Gerhard Reddemann, CDU-MdB und Mitglied des „Notparlaments“. Nicht fehlen darf auch Otto von Habsburg.
Die WACL verfügt natürlich auch über qualifizierte Beziehungen zu verschiedenen Nachrichtendiensten. Die Zeitschrift 'Asian Outlook‘ schrieb im Januar 1979: „Die WACL kann jederzeit CIA-Agenten mobilisieren und arbeitet eng mit den ehemaligen Agenten der Gehlen-Organisation zusammen.“
Bayern schien beziehungsweise scheint für diese Polit-Mafia ein logistisches Zentrum zu sein. Da hat, glaubt man einem internen Report der italienischen Polizei, 1974 in München ein Treffen der WACL stattgefunden. Versammelt hatten sich nach Informationen der Italiener verschiedene Personen rechter und rechtsradikaler Organisationen: „Stetzko, Chef des Antibolschewistischen Blocks, der in den fünfziger Jahren gegründet wurde. Diese Gruppe wurde vom CIA und vom BND finanziert. Teilgenommen hatten auch Vertreter anderer rechtsextremer europäischer Gruppen.“ ('Epoca‘, August 1974; 'Corriere della Sera‘, 21.August 1974)
Zwei Jahre nach diesem Kongreß enthüllte ein italienischer Teilnehmer, was dort besprochen worden war. „Offiziell haben wir nicht über Terroraktivitäten auf der Konferenz gesprochen. Aber natürlich bewegten sich abends in den Kneipen die Unterhaltungen um die operationellen Beziehungen zwischen den Gruppen und die Aktionsmöglichkeiten.“ Denn natürlich dürfen die italienischen Neofaschisten mit ihren eigenen Erfahrungen bei der „Politik der Spannungen“ in der WACL nicht fehlen. Im Mai 1971 waren der Vorsitzende der MSI, Almirante, und andere rechte Geheimbündler aus Europa zur WACL-Generalversammlung nach Washington gekommen. Zusammen mit Beratern vom CIA wurden dort gemeinsame Strategien entwickelt, wie der Einfluß der Kommunisten einzudämmen wäre.
Leiter der BRD-Sektion der WACL ist ein Wolfgang Schall, Brigadegeneral und CDU-Politiker. Bis 1984 war der ehemalige Leiter der Stabsabteilung Führung beim Heer im Verteidigungsministerium CDU-Abgeordneter im Europa -Parlament. Inzwischen ist er immer noch in Straßburg, und zwar als Mitglied des baden-württembergischen Europa -Ausschusses. Offen treten sie nicht auf, diese Herren. Glaubt man einem Bericht der Zeitschrift 'Elan‘ vom November 1985, hat Huyn jedoch folgendes gesagt: „Hier treten wir nicht so stark unter dem Namen Antikommunistische Weltliga auf ... Es gibt bei uns ja genügend andere antikommunistische Organisationen. Unsere Aufgabe ist, deren Arbeit zu koordinieren mit der Spitze der Antikommunistischen Weltliga. Wir stehen in Verbindung mit sämtlichen Vertriebenenverbänden. Der maßgebende Mann für uns ist dabei der Präsident, der Bundestagsabgeordnete Dr.Czaja. Wir arbeiten zusammen mit der Gesellschaft für Menschenrechte und mit dem Bundestagsabgeordneten Dr.Todenhöfer, der sich für Afghanistan einsetzt. Wir sind eigentlich ein Verbindungsbüro.“
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