: Scholz wähnt sich souverän
Verteidigungsminister Scholz zum Kunstflugverbot / „Alliierte müssen sich an Verbot halten“ / Gängige Rechtsauffassung und Praxis stehen dagegen / Kohl will Souveränität der Alliierten nicht antasten ■ Von Petra Bornhöft
Berlin (taz) - Mit Hilfe waghalsiger Akrobatik versuchte Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) gestern die Kritik an seinem Kunstflugverbot zu beschwichtigen. Im Anschluß an eine Kabinettsrunde erklärte Scholz vor der Presse, das von ihm nach der Katastrophe in Ramstein erlassene und für alle Zeiten geltende Verbot müsse von den Alliierten beachtet werden. Davon steht in der entscheidenden Rechtsgrundlage, dem NATO-Truppenstatut plus Zusatzabkommen, keine Silbe. Die Bundesrepublik hat den Alliierten damit quasi eine Generalvollmacht erteilt, ihre Streitkräfte im Rahmen von deren „Dienstobliegenheiten“ (official duties) durch und über dieses Land jagen zu können. Insofern erübrigen sich Einzelgenehmigungen.
Juristisch anfechtbar wäre vermutlich, ob „Kunstflüge“ zu den „Dienstobliegenheiten“ der Militärs gehören. Genau das vertrat bisher das Verteidigungsministerium. Wörner hatte es sich gar gerichtlich bestätigen lassen. Gestern präsentierte Scholz eine neue Ansicht der Hardthöhe: „Zu den Verteidigungspflichten der Alliierten zählen Kunstflüge mit Sicherheit nicht.“ Ob der Minister diese Auffassung gerichtlich absegnen lassen will, sagte er nicht.
Selbst dann müßte er ein weiteres Problem klären: den Rechtsstatus der Alliierten-Stützpunkte in der Bundesrepublik. Bisher ist man davon ausgegegangen, daß dem Verteidigungsminister die juristische Handhabe gegen die Alliierten fehle, weil z.B. die US-Airbase in Ramstein im Sinne des NATO-Truppenstatuts gewissermaßen exterritoriales US-Gelände in der BRD sei. Stimmt nicht, meinte Scholz, ohne auf die entsprechenden Äußerungen von Juristen und NATO -Offizieren in der Presse einzugehen.
Den Kern des Streits brachte ausgerechnet Bundeskanzler Kohl auf den Punkt: Die Bundesregierung wird die Souveränität der Alliierten nicht antasten. Zu der von SPD -Politikern erhobenen Forderung nach Änderung des Truppenstatuts sagte Kohl: „Das machen wir mit Sicherheit nicht.“ Kohl empfahl den Genossen, sich von ihrem Ex -Verteidigungsminister Hans Apel und Helmut Schmidt „beraten zu lassen“, was es bedeuten würde, das Thema der Rechte und Vorrechte der Alliierten aufzugreifen.
Unterdessen erhöhte sich die Anzahl der Toten nach dem Unglück auf 49 Menschen. 280 zum Teil schwerverletzte Personen liegen in den Krankenhäusern.
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