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Wörner versprach US-Army Erbenheim

In einem Brief an Bundesverteidigungsminister Scholz lobt das US-Headquarter Ex-Verteidigungsminister Wörner für Stationierungszusage / Gerichtsentscheidungen zur Farce degradiert / Wallmann dementiert erneut / US-Army baut Flugplatz Fulda aus  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) – Ex-Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner (CDU), jetzt Nato-Generalsekretär, hat der US-Army bereits vor der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Stationierung von weiteren Kampfhubschraubern und –flugzeugen auf dem US-Militärflugplatz Wiesbaden-Erbenheim eindeutige Stationierungszusagen gemacht. In einem Brief an den amtierenden Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz (CDU), der in Kopie der Lokalredaktion des 'Rüsselsheimer Echos' vorliegt, bedankt sich der „Commander in Chief“, Crosbie E. Saint, der im Pentagon für die US-Army in Europa zuständig ist, nämlich ausdrücklich bei Scholz für das „Verständnis“ des Verteidigungsministers in Sachen Erbenheim und weist darauf hin, daß die Stationierung bereits mit Wörner „erörtert und vereinbart“ worden sei. In der Vergangenheit hatte Wörner dagegen wiederholt betont, daß er das vom Gericht angeordnete Anhörungsverfahren zu Erbenheim abwarten und dessen Ausgang respektieren wolle.

Mit dieser „Beruhigungspille“ hatte Wörner sowohl den Wiesbadener Oberbürgermeister Exner (SPD) als auch den Landrat des betroffenen Main-Taunus-Kreises, Löwenberg (CDU), wiederholt „abgespeist“. Daß Wörner im Hinblick auf seinen Sessel in Brüssel den US-Amerikanern gegenüber diesem Thema Erbenheim besonders willfährig gewesen sein soll, wurde im hessischen Landtag schon vor Wochen als „offenes Geheimnis“ gehandelt. Selbst in CDU-Kreisen wurde gemunkelt, daß sich Wörner seinen NATO-Generalsekretärsposten auch mit einer eindeutigen Stationierungszusage für die „Apache“ –Kampfhubschrauber erkauft habe. Ob der Militärflugplatz Erbenheim über die vorgesehene Stationierung der Hubschrauber und Kampfflugzeuge hinaus noch weiter ausgebaut werden wird, steht dagegen noch in den „stars and stripes“. Der hessische Ministerpräsident Wallmann (CDU) dementierte am Montag erneut Verlautbarungen seiner Minister Milde (Innenministerium) und Schmid (Wirtschaft und Verkehr), wonach das Land Hessen in Verhandlungen mit den US –Amerikanern über deren Abzug vom Militärflughafen Frankfurt –Air-Base stehe. Die dort stationierten Luft –Transporteinheiten sollten entweder nach Ramstein und/oder nach Erbenheim verlegt werden.

Wallmann bezeichnete entsprechende Äußerungen als „völlig aus der Luft gegriffen“ und fuhr so seinen Kabinettsmitgliedern Milde (CDU) und Schmid (FDP) barsch über den Mund. Daß Milde und Schmid nur ausplauderten, was in der Staatskanzlei in Wiesbaden seit Wochen diskutiert wird, belegen dagegen erste Reaktionen aus Rheinland-Pfalz. SPD und FDP verlangen „sofortige Aufklärung“ über die Zukunft des militärischen Teils des Rhein-Main-Flughafens, „der angeblich nach Ramstein verlegt werden soll“.

Die FDP kündigte „energischen Widerstand“ gegen jede weitere militärische Belastung des Bundeslandes an. Die US –Amerikaner haben inzwischen deutlich gemacht, daß sie auf keinen Fall gewillt sind, auf den Militärflughafen Erbenheim zu verzichten. Spätestens Ende September müßten die „zur Wahrnehmung der Verteidigungsaufgaben im Bereich Europa –Mitte notwendigen Hubschrauber“ stationiert sein, teilte das Pentagon dem Bundesverteidigungsministerium mit. Auf den Stationierungsstandort Erbenheim könne nicht verzichtet werden, weil er in der Mitte des Bereichs des 5.US-Corps liege und deshalb „strategisch wichtig“ sei. Auf die strategische Bedeutung von Erbenheim im Rahmen des „Airland –Battle“-Konzepts der Nato hatten am vergangenen Sonntag bereits Mitglieder der Friedensbewegung während der Foto –Protestaktion am Air-Base-Gelände in Erbenheim hingewiesen. Um das Konzept des parallelen Luft- und Landkrieges durchziehen zu können, sei es für die Nato notwendig, ihre „Kampfmaschinen“ so nahe wie nur möglich an der Grenze zur DDR zu stationieren. In dieses Konzept passe auch der zur Zeit laufende Ausbau des Militärflugplatzes in Fulda. Daß auch die Rhein-Main-Air-Base in Frankfurt von der US-Army aufgrund des „Airland-Battle“-Konzepts nicht vollständig geräumt werden wird, befürchtet wohl auch Hessens Wirtschaftsminister Schmid, der die 20-Prozent-Lösung in die Debatte geworfen hatte. Doch in Wiesbaden meldeten sich erneut die „Spekulanten“ zu Wort: Eine Verlegung der Sportflieger nach Erbenheim würde gleichfalls Kapazitäten für den Zivilflughafen schaffen. Doch das Problem bleibt auch hier die US-Armee, die den Schlüssel aller Lösungen für den Himmel über dem Rhein-Main-Gebiet in Händen hält.

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