: Koschnick: „nicht nur Verstand“
■ Debatte um bemenschte Raumfahrt fiel mangels Pro-Argumenten aus Ex-Bürgermeister Koschnick: „Ich bin ein bißchen doof und für meine Region“
„Jetzt müßte hier einer sagen: Hans, was Du machst, schädigt die Partei!“ Keiner sagte es, aber es war unübersehbar: Der langjährige Bremer Bürgermeister Hans Koschnick gab bei der Debatte um die „bemenschte“ Raumfahrt am Mittwoch abend in der Mensa der Hochschule eine denkbar schlechte Figur ab. Der kompetente Mitstreiter der Pro-Position, der Erno -Geschäftsführer Kappler, hatte kurzfristig abgesagt, und so saß Koschnick allein zwischen dem kritisch eingestellten Publikum, dem Raumfahrt-Kritiker Scherf und dem Karlsruher Hochschullehrer Ruppel. Und der referierte die Einwände gegen das auf 30 Milliarden geschätzte Programm: Schon aus den Gesteinsproben, die so teuer vom Mond geholt worden waren, habe die Wissenschaft nichts lernen können. Die meisten Experimente seien unbemannt besser durchzuführen, Menschen störten im All aufgrund ihrerSchmutzeffekte. Und so weiter.
Koschnick wollte sich auf die Technologie-Debatte nicht einlassen. „Ich kann nicht einmal Auto fahren“, gestand er, für Geldfragen habe er im Beirat der Max-Planck-Gesellschaft gesessen. Da waren die Wissen schaftler 60:40 für bemannte Raumfahrt-Programme gewesen, vor 20 Jahren habe er die Raumfahrt nach Bremen geholt. Inzwischen seien zwar 80% der Wissenschaftler dagegen, aber die unbemannten Raumfahrt-Projekte seien in Süddeutschland angesiedelt - süddeutsche Vertre
ter würden auch gegen die „bemenschten“ Programme votieren. „Ist ja nicht alles nur Verstand, es gibt auch Regionalinteressen.“ Koschnick schloß kurz: „Ich bin ein Bremer, ein bißchen doof, aber bevor ich etwas Besseres weiß, kämpfe ich für meine Region.“
Eine Diskussion war kaum möglich. Scherf entschuldigte sich zwar, er habe sich im Senat unter Koschnick „früher zu Wort melden sollen“, nun aber sei er entschlossen: „Ich will mit Lafontaine in den Bundestagswahlkampf mit einer klaren Aussage ziehen.“
K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen