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Diesmal weder Bomben noch Tore

Nordirland - Irland 0:0 / Wenig explosiver Verlauf des inneririschen Duells um die WM-Qualifikation  ■  Aus Belfast Ralf Sotscheck

Bei Heimspielen der nordirischen Fußball-Nationalmannschaft im Belfaster Windsor-Park ist allemal für eine explosive Stimmung gesorgt. Vor dem Spiel gegen England im Jahr 1985 jagte die Irische Nationale Befreiungsarmee eine Tankstelle neben dem Stadion in die Luft, zwei Jahre später - wiederum hieß der Gegner England - sprengte die Irisch -Republikanische Armee nebenan ein Auto. Am Mittwoch abend mußten die Nordiren in einem Spiel der WM -Qualifikationsgruppe 6 gegen die Republik Irland antreten, deren imponierende Spielweise bei der Europameisterschaft in der Bundesrepublik noch in frischer Erinnerung ist (und in Irland auch nie vergessen werden wird). Da die Fans des nordirischen Teams mehr oder weniger extreme Loyalisten sind, befürchteten die „Sicherheitskräfte“ das Schlimmste. So wurde das Stadion bereits am frühen Morgen weiträumig abgesperrt. Suchhunde durchkämmten das gesamte Stadtviertel nach Sprengstoff. Wer in die Nähe des Stadions - oder gar hinein - wollte, mußte die Taschen leeren. Alkohol und mögliche Wurfgeschosse wurden konfisziert. Dennoch hatte man zur Sicherheit das Plexiglasdach der südirischen Trainerbank mit Wellblech verstärkt.

Vor dem Spiel empfing der Belfaster Bürgermeister Nigel Dodds, Mitglied von Pfarrer Paisleys rechtsradikaler Unionistischer Partei, die Funktionäre der südirischen Mannschaft im Rathaus. Eine Geste des guten Willens? Keine Spur. „Ich freue mich immer, wenn ich ausländische Gäste empfangen kann“, sagte Dodds demonstrativ. Am Vormittag hatte sich bereits ein anderer unionistischer Stadtrat blamiert. Er hatte sich im Rathaus darüber beschwert, daß im Windsor-Park rechtswidrig die irische Trikolore gehißt worden sei. Bei der sofortigen Begehung des Stadions stellte sich dann jedoch heraus, daß es sich um die französische Trikolore handelte. Und die wehte dort völlig zu Recht: des hervorragenden Schiedsrichters Michel Vautrot zu Ehren.

Um ins Stadion zu gelangen, muß man über eine kurze, aber häßliche Eisenbrücke mit hohen Seitenwänden gehen. An beiden Brückenenden lauerten etwa ein Dutzend Polizisten in kugelsicheren Westen. Der Windsor-Park, der dem protestantischen FC Linfield gehört, ist mit antikatholischen Parolen übersät. Jede zweite heißt: „Fuck the Pope“. Tony Rogan, der Katholik im nordirischen Team, hatte sich am Mittwoch in einer Belfaster Tageszeitung darüber beschwert, daß er wegen seiner Religionszugehörigkeit von den eigenen Fans bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen wird. Diesmal blieb ihm das wenigstens in der ersten Halbzeit erspart: er war nur Ersatzspieler. Den südirischen Fans wurden nur 240 Plätze zugeteilt, die im ganzen Stadion verstreut lagen. Vermutlich hat keiner von ihnen gewagt, den Mund aufzumachen, um sich nicht durch den Akzent zu verraten. Irische Fahnen gab es erst recht nicht zu sehen. Dafür hatte der nordirische Fußballverband die Banden mit Union Jacks zugeklebt und damit gegen die FIFA-Regeln verstoßen.

Die Nordiren spielen in grün-weiß, die Südiren in weiß -grün. Bis auf zwei schottische Iren gehören alle der englischen Liga an. Die meisten sind auch in England geboren und kennen Irland nur aus „Heimspielen“ der Nationalmannschaft. Die Mannschaft der Republik Irland ist vor 20.000 Zuschauern drückend überlegen, scheitert aber immer wieder am nordirischen Torwart McKnight und am eigenen Unvermögen. So bleibt es nach einem guten Spiel beim 0:0, ein Erfolg für das junge nordirische Team.

Gruppe 4: Niederlande - Wales 1:0 (Tor: Gullit, 83. Min.), Gruppe 6: Norwegen - Schottland 1:2

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