: Militär putscht in Birma
■ Oberbefehlshaber der Streitkräfte übernimmt Vorsitz der Junta / Machtübernahme soll unblutig verlaufen sein
Rangun (dpa) - In Birma haben seit Sonntag die Militärs die Macht. In einer über Radio Rangun verbreiteten Erklärung hieß es: „Die Verteidigungskräfte haben mit sofortiger Wirkung alle Macht im Staat übernommen.“ Vorsitzender der Militärjunta ist der bisherige Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Saw Maung. Über das Schicksal des bisherigen Staatschefs Maung Maung ist bislang nichts bekannt. Dem Putsch vorausgegangen waren monatelange politische Unruhen mit Massendemonstrationen und ein zweifacher Regierungswechsel innerhalb von 17 Tagen. In der über Radio Rangun verlesenen Erklärung hieß es weiter, der Putsch sei unblutig verlaufen.
Diplomaten, die in Rangun telefonisch erreicht wurden, sagten, unmittelbar vor dem Putsch habe es neue Massendemonstrationen gegeben. Ein Vorfall vom Vortage - so ein westlicher Militärattache - könnte das Militär zur Machtübernahme veranlaßt haben. Dabei hatten sich 24 zur Bewachung des Handelsministeriums eingeteilte Soldaten von einem großen Demonstrationszug bedroht gefühlt und von ihren Schußwaffen Gebrauch gemacht, wobei sie fünf Menschen verletzten. Die Menschenmenge stürmte jedoch weiter vorwärts und bemächtigte sich der Soldaten. Die wütenden Demonstranten wollten die Armeeangehörigen enthaupten, wurden von den Oppositionsführern Tin U und Aung Gyi jedoch daran gehindert, die zu Frieden und Gewaltlosigkeit aufriefen. Die Soldaten bekamen andere Kleidung und wurden von Fortsetzung Seite 2
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Studentenführern als Zivilisten verkleidet aus dem Demonstrationszug hinausgeleitet. In einer ersten Stellungnahme der Militärjunta hieß es, die Armee wolle sobald wie möglich freie Wahlen abhalten. Staatschef Maung Maung hatte aufgrund der Protestwelle am 10.September allgemeine Wahlen angekündigt. Die bereits eingesetzte Wahlkommission soll nach Angaben der Junta ihre Arbeit fortsetzen. Aufgabe der Armee sei es jetzt, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, den Verkehrsstreik zu beenden und die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Kleidung zu versorgen.
Einer Verlautbarung des neuen Machthabers General Saw Maung zufolge sind das Parlament, die Regierung sowie alle kommunalen Körperschaften aufgelöst. Saw Maung gehört ebenso wie sein Vorgänger der Ne-Win-Clique an, die sich nach wie vor an die Macht klammert. Nach Angaben der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi standen die Opppositionsführer mit der Armee bereits längere Zeit in Kontakt. Die Opposition sei daher schon vor dem Putsch von der geplanten Machtübernahme der Militärs unterrichtet gewesen. Aung San Suu Kyi bedauerte den Schritt der Offiziere. Nach Ansicht der Opposition hätte das Militär besser daran getan, die die Regierung bekämpfenden Kräfte zu unterstützen, statt die Macht selbst zu übernehmen.
Diplomatische Beobachter befürchten daher auch am Montag neue Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Soldaten in Rangun. Die Opposition hat für Montag früh acht Uhr zu Sternmärschen in die Innenstadt aufgerufen.
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