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Durchsuchungen in Bremen wegen IWF

BKA-Beamte durchkämmten sechs Wohnungen / Schreibmaschinen-Typenrad beschlagnahmt, mit dem Anti-IWF-Broschüre des AStA getippt worden sein soll / Vorwurf nach Paragraph 129a  ■  Von Michael Weisfeld

Bremen (taz) - Mit gezogenen Pistolen haben Beamte des Bundeskriminalamts sechs Wohnungen in Bremen durchsucht. Zuvor waren wochenlang die Telefone der BewohnerInnen abgehört worden. Bei der Durchsuchungsaktion dabei: Bremer SEK-Polizisten und der Staatsanwalt für politische Straftaten, Hans Georg von Bock und Polach. Zwei Personen wurden vorübergehend festgenommen, im Präsidium verhört und erkennungsdienstlich behandelt. Der Tatvorwurf: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach Paragraph 129a.

Die „Sozialrevolutionäre Bewegung Bremens“, so der Name des „terroristischen“ Vereins laut Durchsuchungsbeschluß, soll, so die Ermittler, den Zweck haben, „Sprengstoff- und Brandanschläge zu begehen“. So sollen die „Sozialrevolutionäre“ im Oktober 1983 das Haus der „Arbeitshilfe Bremen“ angezündet haben.

Bei den Durchsuchungen am Dienstag ging es aber offenbar eher um den Kongreß des Internationalen Währungsfonds (IWF), der nächste Woche in Berlin beginnt. Die Verdächtigten sollen an einer Broschüre mit dem Titel „Neuer Internationalismus und IWF-Kampagne“ mitgearbeitet haben, einer Sondernummer der Zeitung 'Treibsand‘ des AStA der Bremer Universität. In einer der sechs durchsuchten Wohnungen stellte das BKA unter der Spüle ein Schreibmaschinen-Typenrad sicher, mit dem Texte für die Broschüre getippt worden sein sollen. Mitgenommen wurde zudem fast ein VW-Bus voll Papier.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs, von Gerlach, zitiert aus dem Vorwort der Broschüre, daß die AutorInnen „eine angemessene Antwort auf das transnationale, patriarchische Kapital entwerfen“ wollen. Von Gerlach schließt: „Die angemessene Antwort kann nach den Vorstellungen der Beschuldigten nur in Anschlägen bestehen“, die den IWF-Kongreß begleiten sollen. Beweis: Ein ganzseitiges Foto, das „zwei Vermummte bei der Herstellung von Molotow-Cocktails mit der Bildunterschrift 'Burn it‘ zeigt“.

Der Durchsuchungsbeschluß ist nach Meinung Gerhard Baischs, Anwalt der Gefilzten, „dünn begründet“. Damit hätte das BKA zu jedem beliebigen Zeitpunkt eine Durchsuchungsaktion starten können.

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