piwik no script img

LKW-Duschen am Parkrand

■ Schultheiss-Brauerei legte Umbau- und Erweiterungspläne vor / 100jährige Bäume am Rande des Viktoriaparks sollen einer LKW-Waschanlage weichen

„Eine totale Veränderung des Viktoriaparks in Kreuzberg“ befürchtet das Kreuzberger Stadtplanungsamt angesichts der Umbau- und Erweiterungspläne der Schultheiss-Brauerei, die auf der Sitzung vom Mittwoch des Kreuzberger Planungsausschusses vorgestellt wurden. Gleich hinter dem Schinkel-Denkmal soll eine LKW-Halle mit Waschanlage für 45 Schultheiss-Laster errichtet werden. Zukünftig würden dann die BesucherInnen des Viktoria-Parkes von der Aussichtsplattform auf ein 1.600 Quadratmeter großes, kiesbedecktes Flachdach statt auf die 100jährigen Buchen und Eichen des ehemaligen Tivoli-Parkes blicken, der allerdings zum Gelände der Brauerei gehört. Ebenfalls an der Grenze zum Viktoriapark soll ein altes Backsteingebäude einem 29 Meter hohen Tankhaus mit fensterloser, blechverkleideter Fassade weichen. Einen Abrißantrag hierfür hat Schultheiss bereits in der Tasche, doch inzwischen mehren sich die Bedenken innerhalb der Verwaltung.

Anlaß dazu gab eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Schon seit einiger Zeit bemühen sich die zuständigen Behörden im Bezirksamt Kreuzberg, die Umweltfolgen größerer Bauvorhaben abzuschätzen und in die Entscheidungen mit einzubeziehen. Vor einem Jahr wurde eigens zu diesem Zwecke die Stelle eines Beauftragten für Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) eingerichtet. Die gesetzlichen Grundlagen, die den Handlungsspielraum bestimmen, sind allerdings beschränkt. So kann sich der Antragsteller Schultheiss bisher denn auch weigern, ein Gesamtkonzept seiner geplanten Umbaumaßnahmen vorzulegen. „Kleckerweise“ habe der Antragsteller seine Bauanträge vorgelegt, so daß eine Gesamtbewertung bisher überhaupt nicht möglich war, klagt die UVP-Beauftragte Ute Koch. Dennoch haben ihre intensiven Nachforschungen unter anderem ergeben, daß aufgrund des Einsatzes bestimmter Desinfektionsmittel der für die Wasserwerke geltende Maximalwert für aromatische Kohlenwasserstoffe von Schultheiss um das 120.000fache überschritten wird. Eine Genehmigungspflicht für die Einleitung dieser nicht abbaubaren Stoffe in die Kanalisation besteht aber erst ab Anfang nächsten Jahres.

Andere Umweltaspekte, etwa Abgas- und Lärmbelästigung durch die LKW-Waschanlage, blieben in der Kürze der Zeit ungeprüft. Doch bereits jetzt denkt man im Bezirksamt über Planungs-Alternativen nach. Im Gespräch sind Ausgleichsmaßnahmen wie etwa die Gestaltung und Begrünung der Fassade, aber auch ein anderer Standort für die LKW -Waschanlage. Gesetzliche Möglichkeiten, einen endgültigen Kahlschlag des 1857 errichteten Tivoli-Parks zu verhindern, finden sich sowohl im Baugesetzbuch, im Berliner Naturschutzgesetz wie auch im Denkmalschutz-Gesetz.

Gespannt wartet man nun im Stadtplanungsamt auf die endgültige Stellungnahme des Landeskonservators, der in der Frage, ob sich der Bezirk gegen die mächtigen Gewerbeinteressen durchsetzen kann, ein entscheidendes Wort mitzureden hat.

Harald Mecker

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen