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Irische Regierung droht Great Britain

Nordirland stellt Strafverfolgung gegen britischen Soldaten ein  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die anglo-irischen Beziehungen sind erneut schwer belastet, nachdem die nordirische Staatsanwaltschaft am Montag entschieden hatte, den britischen Soldaten David Holden für die Erschießung eines Katholiken strafrechtlich nicht zu verfolgen. Der 18-jährige Soldat hatte im Februar dieses Jahres am Grenzübergang Aughnacloy sein Maschinengewehr gereinigt, als sich drei Schüsse lösten. Eine der Kugeln prallte vom Straßenbelag ab und traf den 32-jährigen Aidan McAnespie in den Rücken. McAnespie hatte den britischen Armee-Kontrollpunkt gerade passiert und war auf dem Weg zu einer Sportveranstaltung in der Republik Irland.

Holden erklärte, daß seine Hände vom Reinigen des Gewehrs naß gewesen und er deshalb „abgerutscht“ sei. Der irische Primas, Kardinal O'Fiach, sprach dagegen von Mord. McAnespies Schwester sagte, daß ihr Bruder ständig von der britischen Armee schikaniert worden sei und vor einem Jahr Morddrohungen von Soldaten erhalten habe. Dennoch entschied der Generalstaatsanwalt in Belfast am Montag nach einer 30sekündigen Sitzung, daß „die Beweise keine Fortsetzung der Strafverfolgung“ zuließen.

Die irische Regierung hatte im Februar eine eigene Untersuchung des Falles eingeleitet, was in Großbritannien als Affront gewertet wurde. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist jedoch wegen des schwebenden Verfahrens gegen Holden bisher nicht veröffentlicht worden.

Am Montagabend kündigte die irische Regierung in einer Presseerklärung an, daß die Entscheidung des nordirischen Staatsanwalts das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Gerechtigkeit in Nordirland beeinflussen werde und „Auswirkungen auf die rechtlichen Vereinbarungen zwischen beiden Gerichtsbarkeiten“ haben könnte. Diese Drohung zielt eindeutig auf die selbst in Regierungskreisen stark umstrittene Auslieferung politischer Gefangener an Nordirland ab, ohne es explizit zu sagen. Ein Regierungssprecher betonte, es bleibe den Journalisten überlassen, ihre Schlüsse zu ziehen.

Die Reaktion Dublins hat im britischen Nordirland -Ministerium Empörung ausgelöst. Das Anti -Auslieferungskomitee kündigte eine Verstärung der Anti -Auslieferungskampagne an.

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