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Herbe Niederlage für Labours Traditionslinke

Parteiführer Neil Kinnock mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt / Vertreter der Linken, Tony Benn, bekommt schlappe elf Prozent / Programmdebatte für die Neunziger Jahre begonnen / Suche nach „innovativem Denken“ / Zehn Prozent Vorsprung für die Konservativen  ■  Aus Blackpool Rolf Paasch

Für die Parteiführung war es ein Traumergebnis, für die traditionellen Linken in der Labour Partei ein Alptraum. Auf ihrem alljährlichen Parteitag im nordenglischen Seebad Blackpool bestätigten die Delegierten am Sonntag abend den bisherigen Parteiführer Neil Kinnock und seinen Stellvertreter Roy Hattersley mit überwältigenden Mehrheiten. In der Abstimmung über das Amt des Parteiführers kam der Gegenkandidat der sogenannten „harten Linken“, Ex -Labour-Minister Tony Benn, auf ganze elf Prozent der Stimmen. Selbst Kritiker der ihrer Meinung nach überhasteten und allzu „wählerhörigen“ Modernisierungsstrategie der Parteiführung stimmten am Ende für das „Traumpaar“ der Rechten, wohlwissend, daß sich die Partei im gegenwärtigen politischen Klima in Großbritannien keine weiteren internen Konflikte leisten kann. Neun Jahre nach Machtergreifung des Thatcher-Regimes und ein Jahr nach dem dritten Wahlsieg der Konservativen geben Meinungsumfragen den Tories immer noch einen Vorsprung von um die zehn Prozent der Wählerstimmen. Die Delegierten werden im Laufe des bis Freitag andauernden Parteikongresses die verschiedenen Themenbereiche des sogenannten „Policy Reviews“ debattieren, einer Generalüberholung des bisherigen Parteiprogrammes, mit der die Parteiführung gedenkt, erfolgreich in die politische Arena der 90er Jahre einzusteigen. Diejenigen Kritikern der Parteiführung, denen diese Revision des bisherigen Parteiprogrammes nicht weit genug geht, hatten bei der Abstimmung allerdings nur die Qual der Wahl.

Statt in die Zukunft, wollten die Anhänger der traditionellen Linken um Tony Benn die Partei wieder in die Vergangenheit eines auf den Staat und starke Gewerkschaften vertrauenden Labourismus zurückdirigieren. Innovatives Denken findet in der britischen Linken unterdessen in einigen der zahlreichen Rahmenveranstaltungen des Labour Parteitags oder in der kleinen „Kommunistischen Partei Großbritanniens statt, die gerade ein vorläufiges „Manifest“ verabschiedet hat, auf das viele der undogmatischen Labour -Linken hier in Blackpool mit Neid blicken.

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