: „An sich nicht gefährlich“
■ Ein Röntgentest und seine Folgen: Seit Tagen sorgt ein Schild mit dem Radioaktivitätszeichen an der Langenscheidtbrücke für erhebliche Unruhe
„Wenn so 'ne Schilder da stehen, gibt immer eine Beunruhigung“, wußte Hans-Joachim Malitte, seines Zeichens „Prüfdienstleiter für die zerstörungsfreie Prüfung von Werkstoffen“ bei der Lichterfelder Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Tatsächlich riefen in den letzten Tagen einige Schöneberger LeserInnen dieser Zeitung besorgt in der Redaktion oder bei der Feuerwehr an, weil an der Baustelle der Langenscheidtbrücke zeitweise auffällige Sperrschilder auftauchten, auf denen unheilsschwanger das allbekannte kreisrunde Radioaktivitätszeichen prangte. Des Rätsels Lösung lieferte zunächst der für die im April begonnene Montage der neuen, 88 Meter langen Brücke verantwortliche Oberbauleiter, Herrmann: „Beim Bau werden durch die Materialprüfungsanstalt immer mal wieder vor Ort gefertigte Schweißnähte geröntgt“, erklärt er. Während des jeweils zwei bis drei Minuten dauernden Vorgangs muß aus Sicherheitsgründen ein Umkreis von etwa 15 bis 20 Metern abgesperrt werden, weshalb auch der verbliebene alte hölzerne Fußsteg neben der Brückenneukonstruktion kurzfristig nicht passierbar ist.
Das erfreuliche Ergebnis der bisherigen BAM-Prüfungen laut Herrmann: „Die Brückenbauer schweißten exzellent„; „negative Einflüsse“ auf die stählernen Nähte konnten nicht festgestellt werden. Nun fehlten an dem stählernen Brückenüberbau, über den ab September nächsten Jahres der Verkehr wieder fließen soll, zur Crellestraße hin nur noch knapp 20 Meter.
Wie das in Berlin im übrigen schon seit den fünfziger Jahren praktizierte Röntgen von Stahl- und Betonbauten im einzelnen technisch funktioniert, erläuterte wiederum gern Herr Malitte von der BAM: „Das ist das Prinzip der Röntgenröhre wie beim Arzt. Wir arbeiten lediglich statt mit einem stationären mit einem kleinen transportablen Strahlengerät, in dem sich ein Iridium-Strahler mit einer Abmessung des Brennflecks, also der Strahlenquelle, von zwei mal zwei Milimeter befindet. Wenn man auf der einen Seite einer Schweißnaht einen Röntgenfilm eingelegt hat, wird diese sonst durch Wolfram oder abgereichertes Uran abgeschirmte Strahlenquelle per Fernbedienung geöffnet und gleichzeitig ein Feld ausgeblendet, so daß die Strahlung nur den Film trifft.“
„An sich“ sei das Verfahren nicht gefährlich, so der Spezialist von der BAM, doch müßte nach der Strahlenschutzverordnung eine jeweils „ortsveränderliche Kontrollbereichsgrenze“ mit Warnschildern festgelegt werden. Der zulässige Radioaktivitätsgrenzwert in diesem Bereich: 40 Mikrosievert pro Stunde. Vorschrift ist nach der Darstellung auch, daß das Strahlengerät jeweils von zwei Personen bedient wird, die zur eigenen Kontrolle ein Strahlendosimeter am Körper tragen und es monatlich der Strahlenschutzstelle des Senats in der Soorstraße zur Auswertung übergeben müssen.
thok
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