piwik no script img

Scherf „unmoralisch“

■ Auch nachdem Sozialsenator sich festgelegt hat, wollen Grüne Diskussion um Methadon-Programm fortsetzen

„Ich halte es für unmoralisch, wie hier mit der Methadonproblematik umgegangen wird. Die Ablehnung des Methadonprogramms stützt sich auf Unrichtigkeiten und zweifelhafte Einschätzungen“, kritisierte gestern der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Horst Frehe auf einer Pressekonferenz die Entscheidung von Sozialsenator Henning Scherf und der Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger, in Bremen kein Methadonprogramm aufzulegen.

Was ein Methadonprogramm leisten kann, schilderten Dr. Christa Krach, Heino Stöver und Klaus Schuller anhand ihrer Erfahrungen aus dem In- und Ausland. Bereits 1973 bis 1975 gab es z.B. in Hannover ein Methadonprogramm für elf Drogenabhängige. Christa Krach, die das Programm damals betreute, berichtete, daß die Abhängigen sozial und beruflich integriert werden konnten. Nachuntersuchungen 1987 ergaben, daß alle elf inzwischen drogenfrei sind. „Durch

Methadon werden die Abhängigen in die Lage versetzt, darüber nachzudenken, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen.“ Allerdings müsse die Vergabe von Methadon an strenge Kriterien gebunden werden. Außerdem müßten die Abhängigen ärztlich, psychologisch und materiell betreut werden.

In Bremen werden derzeit vier aidserkrante Drogenabhängige mit Methadon versorgt. Dies, so Klaus Schuller, sei für die Aids-Prävention nur ungenügend. Vielmehr entständen Rechtsunsicherheiten, z.B. bei Ärzten, die mit der Vergabe allein gelassen würden. Eine staatliche Förderung von und Beteiligung an Methadonprogrammen sei deshalb unumgänglich.

Nach Auffassung Frehes muß die Diskussion deshalb weitergehen. Damit eine Auseinandersetzung auch kompetent geführt werden kann, schlug er einen Besuch der Sozialdeputation vor Ort in Zürich vor.

Claudia Jokisch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen