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Frauenhandel in Bangladesh Das Geschäft mit den Organen

Mit Stellenangeboten werden verarmte Bangladeshis nach Indien gelockt / Dort werden ihnen die Nieren entnommen / Anschließend bringt man sie um / Daccas Regierung will handeln  ■  Aus Colombo Thomas Prinz

Die Story des Kriminalreportes der 'Daimik Bangla‘ erinnerte an einen Horrorfilm. Bereits im Oktober letzten Jahres hatte Sunil Bannerjee von der regierungsnahen Tageszeitung in Dacca das unglaubliche Verbrechen aufgedeckt; inzwischen bestehen kaum noch Zweifel an seinen Vermutungen: In Bangladesh werden Frauen unter dem Versprechen gutbezahlter Arbeit angeworben, über die Grenze nach Indien gebracht und in Krankenhäuser entführt, wo sie ermordet und ihre Ogane zum Verkauf entnommen werden.

Frauen, denen die Zukunft in Bangladesh nichts als bittere Armut oder bestenfalls die Ausbeutung in Daccas Textilindustrie zu bieten hat, werden mit lukrativen Anstellungen als Hausmädchen in indischen oder mittelöstlichen Haushalten gelockt. Seit langem ist bekannt, daß viele dieser Frauen in den Bordellen von Kalkutta und Bombay enden. Inzwischen aber steht fest, daß es einige von ihnen noch schlimmer trifft. „Wir wissen, daß einige Bangladeshis nach Indien gelockt und ermordet wurden, um ihre Organe zu verkaufen“, erzählt ein Polizist am Grenzübergang Godagari, „doch wir haben keine Beweise.“ Eine Frau, die den Mördern gerade noch entkommen sei, habe ihm zum ersten Mal von diesem Verbrechen berichtet. Ein Leichenwäscher hatte der Frau in einer Klinik in Murshidaad im indischen Bundesstaat West Bengalen davon erzählt, daß Frauen aus Bangladesh die Nieren entnommen und sie anschließend umgebracht würden.

Der Menschenhandel entlang der Grenze zwischen Bangladesh und West Bengalen ist allgemein bekannt. So berichteten vier Frauen aus dem Grenzdorf Premtali kürzlich, daß sie Menschenhändler sahen, die in einer Reihe aufgestellte Frauen nach ihrem Alter in zwei Gruppen teilten. „Die Bangladeshis verkaufen die Frauen an indische Händler, die sie wiederum an Bordelle und Kliniken verkaufen. Die jüngeren kommen in die Bordelle“, berichtete eine von ihnen.

Die Behörden in Bangladesh stehen dem Verbrechen machtlos gegenüber. „Händler, die gefaßt wurden, als sie Frauen illegal über die Grenze schmuggeln wollten, gaben zwar zu, daß die Frauen an Krankenhäuser in Indien verkauft werden sollten; da die Morde und der Organhandel aber in Indien passieren, sind wir machtlos“, erklärt ein Beamter aus Rajshahi.

Trotzdem nehmen die Grenzbehörden Erfolge für sich in Anspruch. In den letzten Monaten habe man aufgrund von Hinweisen durch Informanten über 300 Frauen retten können, die nachts illegal über den Grenzfluß Padma gebracht werden sollten.

Hinter den Verbrechen stehen organisierte Banden.

Sunil Bannerjee ist überzeugt davon, daß die Köpfe in Dacca sitzen und den Handel an der Grenze von bewaffneten Banden durchführen lassen. Parveen Begum, die den Mördern entkam, weil sie zustimmte, bei der Anwerbung von Frauen behilflich zu sein, erklärte in einem Geständnis, daß einige prominente Textilfrabrikanten hinter dem Menschenhandel stünden.

Die Regierung in Dacca will handeln. Aus Regierungskreisen war zu hören, daß die Gesetzgebung verschärft werden sollte. Innenminister Abdul Matin plane, die Höchstrafe für Menschenschmuggel heraufzusetzen. Bisher kamen die Schmuggler mit Zeitstrafen von maximal fünf Jahren davon. Zukünftig soll über sie die Todesstrafe verhängt werden können.

Auch das Außenministerium wurde bereits tätig. Außenminister Nazur Islam hat die Botschaften von Indien und Pakistan informiert und um Nachforschungen gebeten, bislang jedoch noch keine Antwort erhalten. Die Regierung in Bangladesh hat außerdem eine Informationskampagne gestartet, mit der sie Frauen warnt, auf Jobangebote im Ausland einzugehen, die von unbekannten Agenten vermittelt werden.

In Indien werden für eine Frau aus Bangladesh 100 US-Dollar gezahlt. Reiche Patienten sind bereit, ein Vielfaches für ein lebenswichtiges Organ auszugeben - der Handel mit den Organen der Frauen ist ein Millionengeschäft.

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