: Wo Übelkeit so richtig Spaß macht
■ Auf ihn mit Gebrüll: Am Samstag startet der 953. Bremer Freimarkt
Wissen Sie, was eine Sylter Backfisch-Rutsche ist? Nein? Können Sie auch nicht. Die steht nämlich ab Samstag zum allerersten Mal auf dem Bremer Freimarkt, dem 953sten, und ist ein Beweis dafür, daß menschliche Kreativität allemal für jede Blödheit gut ist. Also: Das ist ein 10 Meter hoher Leuchtturm, ganz rot. Auf halber Höhe ist eine Riesenbratpfanne aufgehängt und darin bruzzelt der Bratfisch. Ausgebruzzelt rutscht die Portion auf einer von unten sichtbaren Rutsche auf den Teller des hungrigen Markt -Bummlers. Guten Appetit.
Ein Tip: Sylt links liegen lassen, wenn Sie noch in den Shuttle-Loop wollen. Der Name steht für Magenkollern, Übelkeit und Brechreiz, insbesondere nach dem Verzehr von Bratfisch, -wurst oder -apfel. Kommt aus USA und ist eine Achterbahn ohne Acht, nur fieser. Wer's will, wird über eine Looping-Bahn auf dreißig Meter Höhe hinaufkatapultiert. Da enden die Schienen im Nichts. Dann gehts rückwärts und so weiter. Bis zum Erbrechen.
Wer den gleichen Effekt im Bayernzelt erzielen will, muß schon ein paar Mark mehr auf den Tisch legen. 11,75 kostet die Maß, immerhin ein Drittel teurer als auf dem Oktoberfest. Dafür ist die Stimmung nur nachgemacht bayrisch, ein idealer Katalysator also für Übelkeitsanfälle. Um beim Anstich dabei zu sein, sollte man sich schon Samstag um eins auf der Bürgerweide einfinden. Da ist dann der Senats-Sengstake und Marktsenator Meyer und hofft, daß der Hahn ins Faß flutscht.
Gelingt es Meyer, sich seiner schweren Aufgabe mal ohne Panne zu entledigen, kann er sich beim Herzlmacher - auch das neu - Lebkuchenherzen individuell beschriften lassen. Dem Vernehmen nach ist seine Wahl bereits auf „Alles im Griff“ und „Probleme? - Ich nicht!“ gefallen. In der Fünften Bremer Jahreszeit ist fast alles erlaubt.
Erlaubt, aber ziemlich töricht wäre der Versuch, mit dem Auto möglichst dicht an den Ort des ausgelassenen Treibens zu fahren. Denn wenn eins fehlt, dann sind das Parkplätze in der näheren und weiteren Umgebung. Also Bahn fahren, das geht besser als sonst. Die Bremer Straßenbahn macht nämlich bereitwillig, was sie sonst nur ungern tut: Sie verstärkt ihr Angebot und richtet zudem einen regelmäßigen park&ride -Service zwischen Universität und Bürgerpark ein. Und eine neue Kreation „Bremer Karte“ gibt es auch. Riesenrad vor rotem Himmel. Beim Freimarkt scheint sogar die Natur durcheinander zu kommen.
16 Tage dauert es, das größte norddeutsche Volksfest. An zwei Kilometern Budenpromende werden die erwarteten drei Millionen Besucher vorbeischlendern. Entsetzlich, mit welch lärmendem Stumpfsinn die Massen auf die Beine zu bringen sind. Ich geh auch hin.
hbk
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