: Fisch zurück ins Wasser
■ Die Umweltverschmutzung hat in der Sportfischerei innerhalb von Berlin zu gravierenden Änderungen geführt
Die Berliner Sportfischerei ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Wurde vor Jahren noch zum Anglerkönig erklärt, wer die größte Masse Fisch aus dem Wasser zog, so müssen die Geduldsakrobaten nun äußerst wählerisch zu Werke gehen. Denn die allgegenwärtige Verschmutzung des Berliner Gewässers hat die Klientel der Rutenschwinger knapp werden lassen. Viele Fischsorten dürfen nicht mehr an Land gezogen werden. „Es stimmt, Wettkämpfe in diesem Sinne gibt es nicht mehr. Der Sieger wird nicht mehr nach Masse ermittelt, sondern nach seinen Hegemaßnahmen“'führt Irmgard Freund aus, ihres Zeichens Präsidiumsmitglied der Berliner Sektion im Verband Deutscher Sportfischer.
In den Ende Oktober anlaufenden Lehrgängen erfahren interessierte Fischer mehr über Form und Inhalt dieser Hege. Während 30 Wochenstunden müssen sie sich mit den Themenfeldern Fischereigesetz, Artenschutz, Fischkrankheiten sowie Natur- und Umweltschutz vertraut machen.
In freier Wildbahn bedeutet dies, daß die meisten Berliner Fische wieder laufengelassen werden müssen, da ihre Art ohnehin durch chemische Zusätze dezimiert ist. Dagegen wurde die Jagd auf Blei und Güster - die in Berlin mit Abstand häufigsten Grätenträger - mit Vehemenz eröffnet. Beide Spezies haben bereits Mitglieder ihrer Nahrungskette übersprungen und machen sich schon am Plankton zu schaffen. „Natürlich“, so Frau Freund, „tut es jedem Fischer weh, wenn er einen Fisch zurück ins Wasser werfen muß - aber gerade die Sportfischer haben ein feines Gespür für die Umwelt!“
Mit den im Berliner Verband organisierten 99 Vereinen und ihren 5.000 Mitgliedern sowie einigen hundert Soloanglern ist in den letzten Jahren ein neues, weithin unbekanntes Potential in Sachen Ökologie herangewachsen. Berlins Sportfischer hegen ihre Reviere oder führen schon mal, wie im Oktober am Hohenzollernkanal, eine riesige Putzaktion durch. Dies freilich nicht ganz uneigennützig, denn im Gegensatz zu vielen westdeutschen Sportkameraden verfügen die hiesigen Fischer weder über vereinseigene Anlagen noch über Kiesgruben.
Jürgen Schulz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen