: Fechten, Liebe, Gift und Zwerge
■ Carl Reiners Film zum Buch „Die Brautprinzessin“
Der alte Herr Goldman arbeitete ewig als die Nummer zwei im schlechtesten Friseursalon von Highland Park, Illinois. Das hat ihm aber nicht so viel ausgemacht, weil seine wahre Leidenschaft einem Buch gehört, einem einzigen Buch, wahrscheinlich hatte er niemals ein anderes gelesen. Es war von dem großen florinesischen Schriftsteller S.Morgenstern und hieß Die Brautprinzessin.
Der alte Herr Goldman hatte einen Sohn, William, Billy gennnt. Der haßte Bücher und liebte Football. Aber eines Tages war er krank und konnte weder Football spielen noch sich überhaupt bewegen. Und da kam sein Vater, der alte Goldman, der kaum richtig Englisch konnte, weil er ja aus Florin kam, der Heimat des großen S.Morgenstern, und begann, dem kleinen Billy, immer heftig bemüht, die Wörter richtig auszusprechen, eine Geschichte vorzulesen, die Billy nie mehr vergessen sollte, selbst als er schon William hieß und einer der gefragtesten amerikanischen Drehbuchautoren nwar.
So fängt eines der nettesten und frechsten modernen Märchenbücher an, das jetzt Bob Reiner, Sohn des großen Komödianten Carl (Dead Men don't wear plaid, Where's Pappa) verfilmt hat. Bob scheint ebenfalls ein Faible für Kindergeschichten zu haben, sein letzter Hit war der Kinderfilm Stand by me.
In seinem Film Die Braut des Prinzen erfahren wir nichts von dem kleinen Billy, der sich mit Miss Roginski, seiner Lehrerin, rumschlagen mußte, weil sie so an seiner Leseunfähigkeit verzweifelte, nichts davon, wie der Drehbuchautor William sich am Pool des Beverly Hill Hotels räkelt und fast durchdreht wegen der Konferenzen über Ira Levins Stepford Wives, das er fürs Fernsehen bearbeiten soll, nichts davon, wie er wieder einmal ein Starlet anmaunzt, obwohl er doch schon 40 Jahre alt ist und es besser wissen sollte. Den 10.Geburtstag seines Sohnes, ein dicker, mürrischer, lesefauler Fernsehkucker, hätte er auch fast vergessen. Nein, all dies erfahren wir nicht in Bob Reiners Film. Der beschränkt sich darauf, Peter Falk als Opa zum Krankenbett seines Enkels zu schicken, wo der gerade Videospiele macht und überhaupt keine Lust auf Vorlesen altmodischer Bücher hat und dann - dann aber doch total gefangen ist von der Geschichte über die wichtigsten Dinge des Lebens: Fechten, Kämpfen, Gift, wahre Liebe, Haß, Rache, Folter, schöne Frauen, böse Männer, Riesen, Zwerge, Schlangen, Spinnen, Schmerzen, Tod, Zauberer, Lügen, Wahrheiten, Leidenschaften, Wunder ...
Der arme Stalljunge Westley liebt die schöne Buttercup, die ihn dann nach einigem zickigen Zaudern auch. Aber dann will Westley doch erst ein richtiger Mann werden und zieht hinaus in die Welt, Buttercup denkt irgendwann, daß er tot ist und soll den blöden, aber reichen Prinzen Humperdinck heiraten. Der wiederum ist ein intriganter Politschuft und läßt sie aus strategischen Gründen entführen: von dem sizilianischen Zwergen Vizzini, dem spanischen Alkoholiker und weltbesten Fechter Inigo und dem bärenstarken türkischen Reimer Fezzik. Die werden überwältigt vom Ritter mit der schwarzen Maske, der sich dann aber als der zurückgekehrte Stalljunge Westley entpuppt, und damit fangen die Probleme erst richtig an. (Da kommen dann die oben angesprochenen wichtigen Dinge des Lebens ins Spiel.) Der Film erzählt das Märchen einigermaßen durchgehend , im Buch aber werden wir immer wieder zurückgeholt ins Krankenzimmer des kleinen Billy Goldman, wo der mit dem Vater die Begebenheiten diskutiert, Liebesszenen möglichst schnell übergehen möchte, die gefährlichen Kampfszenen kaum ohne Herzklopfen durchsteht, die Logistik anzweifelt, usw.... wie es halt so ist, wenn man eigensinnigen Kindern etwas vorliest.
Ein neuer Film, der uns an ein 15 Jahre altes Buch erinnert, das uns den großen Florinesen S.Morgenstern entdecken läßt, der an die wichtigsten Dinge des Lebens gemahnt: Fechten, Kämpfen, Gift, wahre Lieben, Haß, Rache, Folter, schöne Frauen, starke Männer, Riesen, Zwerge, Schlangen, Spinnen, Schmerzen, Tod, Zauberer, Lügen, Wahrheiten, Leidenschaften, Wunder ...
Renee Zucker
Bob Reiner: Die Braut des Prinzen, Musik: Mark Knopfer, mit Peter Falk, USA 1987
Buch: William Goldman, Die Brautprinzessin, Hobbit Presse, Klett-Cotta
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