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K(l)eine Alternativen zu Bush und Dukakis

Trotz Kandidatur keine Chance: Kleine Parteien im US-Wahlkampf / Auch erstmals eine schwarze Kandidatin  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

Linke Aktivisten in den USA blicken oft mit Neid auf die Bundesrepublik und ihr Wahlsystem. Im Gegensatz zum krassen amerikanischen Mehrheitssystem hat es den Einzug einer kleinen Partei wie den Grünen in zahlreiche Parlamente ermöglicht. Eine dritte Partei gegen das allmächtige Kartell von Republikanern und Demokraten antreten zu lassen, ist zwar auch in den Vereinigten Staaten oft angestrebt worden, aber weit kamen diese Versuche nie.

John Anderson, ein ehemaliger republikanischer Kongreßabgeordneter zum Beispiel, war 1980 der zweiterfolgreichste Drittkandidat der Nachkriegszeit. Er jagte Reagan und Carter etwa sieben Prozent der Stimmen ab. Weit abgeschlagen landete dagegen ein Kandidat'dessen Programmatik dem der bundesdeutschen Grünen recht nahe kam: Barry Commoner mit seiner „Citizen's Party“. Seine Partei spaltete sich aber 1984 an der Frage, ob man nicht lieber Jesse Jackson unterstützen solle, anstatt einen eigenen Kandidaten ins aussichtslose Rennen zu schicken. Auch in diesem Jahr hat Jackson den Großteil der Aktivisten, die der Demokratischen Partei eigentlich kritisch gegenüberstehen, in seine Vorwahl-Kampagne integriert.

Doch einige hielten Jacksons Bemühungen für falsch und warfen ihm eine Kompromißhaltung gegenüber den demokratischen Parteibossen vor. So etwa Lenora Fulani, eine 38jährige Psychologin aus New York, die für die „New Alliance Party“ kandidiert.

Sie ist die erste Frau und die erste Schwarze, die in allen 50 US-Bundesstaaten für die Präsidentschaft zur Wahl steht. Sie würde als Präsidentin das Militärbudget halbieren und die Steuern für die Großkonzerne erhöhen. Um kandidieren zu können, mußte sie 1,5 Millionen Unterschriften aus dem ganzen Land einreichen; um obendrein 880.000 Dollar staatliche Wahlkampfunterstützung zu kassieren, mußte sie in 20 US-Bundesstaaten je 5.000 Dollar Spenden von mindestens 20 Einzelspendern nachweisen. Sie würde Mike Dukakis gern soviele Stimmen aus der schwarzen Wählerschaft abjagen, daß er verliert und damit den Weg für eine linke Alternative im Wahlkampf 1992 freimacht. Keine linke, sondern eine libertäre Alternative will hingegen Ron Paul sein, Kandidat der „Libertarian Party“. Sieben Jahre war er republikanischer Kongreßabgeordneter für einen Wahlkreis in Texas. 1987 kehrte er Ronald Reagans Partei den Rücken.

Die amerikanischen „Libertarians“ haben weder mit der FDP noch mit den bundesdeutschen Anarchos viel gemeinsam. Sie würden, wenn der lange Marsch sie irgendwann an die Macht brächte, die öffentlichen Schulen und die Sozialfürsorge, Rentenversicherung, landwirtschaftlichen Subventionen und den Militärdienst abschaffen. Drogen würden legalisiert werden. Die USA würden die Nato verlassen und keine neuen Atomwaffen mehr aufstellen.

Die „Libertarians“ haben seit 1972 für die Präsidentschaft kandidiert, mit immer besseren Resultaten: 1980 erhielt ihr Kandidat Ed Clark eine knappe Million Stimmen. Doch 1984 sackte die Partei auf 227.000 Stimmen ab. „Ich denke nicht, daß ich gewinnen werde“, so Ron Paul über das Ergebnis, das er 1988 erwartet. Niemand würde ihm da widersprechen.

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