piwik no script img

Mandelas Genossen weiter in Haft

Gerüchte zur bevorstehenden Freilassung politischer Gefangener in Südafrika nicht bestätigt  ■  Aus Kapstadt Hans Brandt

Gerüchte, daß prominente politische Gefangene, darunter auch Nelson Mandela, am Montag in Südafrika freigelassen werden sollten, haben sich nicht bestätigt. Die Gerüchte hatten sich bis zum Nachmittag so verdichtet, daß das Hauptquartier des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) in Lusaka, der Hauptstadt von Sambia, die Freilassung von vier zusammen mit Mandela verurteilten Widerstandsführern bestätigte. Auch die Gewerkschaftsföderation Cosatu und die Rechtsanwälte von politischen Gefangenen bestätigten Freilassungen. In Johannesburg und Kapstadt gründeten Vertreter verschiedener Oppositionsgruppen gemeinsam offizielle „Mandela-Empfangskomitees“.

Die Gerüchte, die am Sonntag abend entstanden und jede Menge Journalisten nach Kapstadt lockten, sorgten auch an den Aktienbörsen in London und New York für Aufregung. Aufgrund der Unsicherheit fiel der Goldpreis am Nachmittag um fast zwei Dollar auf 419,90 Dollar. Indessen dementierten verschiedene Regierungssprecher wiederholt, daß eine baldige Freilassung politischer Gefangener bevorstehe.

Winnie Mandela, Frau des seit 26 Jahren inhaftierten ANC -Führers, besuchte ihren Mann am Montag nachmittag in einer Privatklinik in Kapstadt, wo er wegen eines Tuberkuloseleidens behandelt wird. Vor der Klinik sagte Rechtsanwalt Essa Moosa, der sie begleitete, daß er gekommen sei, „um Nelson Mandela abzuholen“. Mandelas Kollegen würden auch am Montag befreit werden, sagte Moosa. Nach dem Besuch gab Winnie Mandela jedoch bekannt, daß ihr Mann nichts von einer bevorstehenden Freilassung wisse. Mandela schließe eine Freilassung 1988 „vollkommen aus“, sagte seine Frau.

Schon im Laufe des Tages war die „Freilassung“ in verschiedenen Schulen in Kapstadt gefeiert worden. Am Abend versammelten sich 3.000 Menschen nach kurzfristiger Ankündigung in der für „Mischlinge“ reservierten Universität der Westlichen Kapprovinz. Desmond Tutu, Erzbischof von Kapstadt, berichtete, daß die Gerüchte auch in Kenia für Aufregung gesorgt hätten. Die Polizei beobachtete die Versammlung aus einiger Entfernung, ohne jedoch einzugreifen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen