Sprachgebrauch-betr.: "Die Revolution als Operette", taz vom 19.11.88

betr.: „Die Revolution als Operette“, taz vom 19.11.88

Der Titel des kurzen Artikels über die Fotoausstellung zur Novemberrevolution in München ist zumindest unsensibel; inhaltlich falsch. Leichtfertig wird die Sprache reaktionärer Geschichtsverzerrung aufgenommen, die die bayerischen Ereignisse 1918/19 immer wieder und penetrant als „blutigen Karneval“ politischer „Narren“ abgetan hat, um so den ernsten Kämpfen um eine radikale Demokratie oder sozialistisch-kommunistische Rätegesellschaft ihre historische Existenz zu nehmen. Das war so erfolgreich, daß selbst liberale und linke Historiker wie Maser, Lehnert und Flechtheim von „Komödie“, „Farce“ und „Inszenierung“ sprechen und jetzt B.Greger in der taz von „Operette“. So werden die, die auf Seiten der bayerischen Linken kämpften, in den Gefängnissen der Weimarer Republik Jahre ihres Lebens für ihre Gesinnung büßen mußten oder standrechtlich massakriert wurden, zu Statisten einer Theateraufführung gemacht; mit kleinen Gagen eingestellt - fehlt nur noch die Frage nach ihren Geldgebern, den „jüdisch-bolschewistischen Agenten“, wie es die rechten Schreiberlinge zu suggerieren suchten. (...)

Michael Seligmann, Münster